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Burg Eger

Für die Öffentlichkeit zugänglich (nach Öffnungszeiten) Gruppenbesuche
Auf dem Felsen, wo wir heute die Reste einer Königspfalz finden, stand ursprünglich eine slawische Wallburg. Das Geschlecht derer von Vohburg baute Anfang des 12. Jahrhunderts auf dem westlichen Teil des Geländes eine steinerne Burg, deren Reste in den Jahren 1932-1933 entdeckt wurden – Fundamente von zwei Türmen und eine nordsüdlich verlaufende Mauer. Ein Teil des südlichen Rundturmes lag unter dem Schwarzen Turm. Friedrich Barbarossa ließ seine Königspfalz am östlichen Teil des Geländes bauen. Die Königspfalz war ein Stützpunkt des reisenden Königs, wo er zeitweise wohnte, aber auch regierte. Dazu gehörten Palas, Pfalzkapelle und Wirtschaftsgebäude. Viele Reichstage wurden hier gehalten (der erste 1179), wichtige Dokumente ausgestellt (z. B. die Goldene Bulle von Eger). Der letzte Kaiser, der zeitweise auf der Burg wohnte, war Sigmund (1431, 1437), das letzte gekrönte Haupt war Georg von Podiebrad, böhmischer König (1459, 1461, 1467).

In den nächsten Jahrhunderten verfiel die Pfalz allmählich. Und nach der Ermordung von Wallensteins Offizieren (1634) wollte niemand mehr hier wohnen. Die Burg wurde in den letzten Jahren des 30jährigen Krieges ein Teil der Festung. Die Doppelkapelle wurde als Munitionslager benutzt. Das rettete sie vor der Zerstörung. Die Stadt Eger übernahm die Burg im Jahre 1895 und begann mit Konservierung der Ruinen.

(RS)
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DOBROVSKÉHO 2062, 350 02 CHEB

Historische Texte

cg100/Schürer 1934

Ihr politisches und künstlerisches Schicksal. Wallensteinfestspiele lockten in diesem Sommer des Gedenkjahres an die Ermordung des Friedländers Tausende nach Eger. Inmitten der großen Ruinen einer Kaiserpfalz lauschen sie den Worten des Dichters und das Schicksal des großen Politikers und Generals schlägt sie auf Stunden in Bann. Dann besichtigen sie noch die Fundamente jenes kleinen Hauses, in dem die Wallensteinschen Offiziere in jener Mordnacht hingemetzelt wurden. Der Burgkommandant Gordon hatte sie in tückischer Absicht in sein Haus geladen droben auf der Burg. Aus den Fundamenten ist das Zimmer gut zu erkennen, in dem das Blutbad sich abspielte, auch der Erker, der auf einem zeitgenössischen Bild der Ermordung (im Stadtmuseum) sorgsam abgebildet ist. Und im schauderndem Andenken an jene Stunden des Mordes werden sie die Ruinenstätte verlassen: Wallensteins Schicksal düstert für die meisten über diese Mauern. Das Erlebnis ist bezeichnend: nicht die Pfalz der Staufer macht Eger berühmt, sondern jene Mordnacht des Jahres 1634. Und doch ruht Egers eigentlicher Ruhm auf den Taten der Staufer, die unter Barbarossa hier ihre östliche Pfalz zu errichten begonnen hatten. Ein Jahrhundert hindurch war die Egerpfalz einer der wichtigsten Plätze des Stauferreiches überhaupt. Häufig – und besonders gern zur Winterzeit – weilten die Kaiser und Könige hier, Barbarossa zuerst, dann der stolze, kluge Heinrich VI., der dann so jung unten in des Südens Sonne hat sterben müssen, als er eben ausholte, die damalige Welt dem deutschen Kaisertum zu unterwerfen, – der hochgemute und geistesstarke Friedrich II., der das Papstum zu zertrümmern drohte, – dann sein unglücklicher Sohn Heinrich, der an der Empörung gegen den Vater zugrunde ging, und Konrad und noch Konradin, ehe er gegen Süden zog, seinen Kampf um das Erbe Sizilien mit dem Tode zu besiegeln. Einer der wichtigsten Plätze der Reichspolitik war damals die Egerpfalz. Von hier aus konnte der dauernd das südwestdeutsche Kaisertum bedrohenden Ostkoalition, zu der sich die sächsischen, thüringischen, böhmischen und auch bairischen Fürsten gerade damals wieder zusammenfanden, Schach geboten werden. Eger war die Schlüsselstellung für den Osten – und je bedeutsamer innerhalb der abendländischen Politik jener Osten wurde, um so bedeutungsvoller wurde auch der Platz Eger. Und zu Füßen des Pfalzbezirks wuchs in jenem Jahrhundert die Stadt Eger heran, ein wichtiger Umschlagsplatz deutscher Waren in den Osten und umgekehrt östlicher Produkte ins Innere des Reiches hinein, rege in seinem Handel mit Nürnberg. Später zog dann die veränderte Handels- und überhaupt Weltgestaltung immer mehr nach Osten. Die Verpfändung der Stadt Eger und der für die Reichspolitik immer weniger bedeutungsvoll gewordenen Burg an die böhmische Krone – unter Ludwig dem Bayer 1322 – war schließlich die politische Bekräftigung der Gesamtlage. Und nie wieder seither ist Eger ausgelöst worden. Die Habsburger wußten Eger immer fester ihrem Kronland Böhmen einzufügen. Bei Auflösung des alten Reichs blieb Eger böhmisch. Im Erinnern an die verschwundene Größe fragen wir uns: wie sah es aus, was heute dort oben auf dem Hügel über dem Egerfluß in Ruinen liegt, was könen wir aus den Bauten schließen auf Leben und Trachten jener großen deutschen Kaiser? Kommt man von den Bergen herunter, von den Ausläufern des Erzgebirges, des Fichtelgebirges und des Böhmerwaldes der Senke zu, die von der Egerfpalz beherrscht wird, so grüßt vom Hügel herab – steil geht er über dem Egerfluß auf – die Ruine des alten Palasbaus mit den reichen Arkaden, die den weiten Blick vom Kaisersaal aus in die Landschaft freigaben. Unmittelbar über dem Hügelfelsen gehen die Mauern auf, ein großer prächtiger Bau. Dem Nordost-Eck des Hügels gibt er die straffe Figur. Hinter ihm taucht der Kapellenbau auf, noch unversehrt, ein ernster Bau in hoher Blockform. Ehemals führte eine hölzerne Galerie vom Kaisersaal aus unmittelbar zum oberen Geschoß der Kapelle, um den Herrschern den unmittelbaren Zugang dorthin zu vermitteln. Ein runder Turm, der vor dem Palasbau – am Hang stehend – aufgeht, ist späteren Ursprungs als die Pfalzbauten, er wurde im 15. Jahrhundert, als die Pfalz schon in die Stadtbefestigung mit einbezogen wurde, errichtet. Von der Stadtseite aus, von Süden also – hat man einen ganz andern Eindruck von dem Burgbezirk. Der Hügel verläuft hier ziemlich eben in das weiterwellende Gelände. Gerade hier war aber ehemals die Angriffsseite: hier von Südost her drohte der Feind. So mußte ein breiter tiefer Graben eingestochen werden, der den Burgbezirk schützte, ehe noch die Stadt sich davor gelagert hatte. Über der Grabenwand geht trutzig der „Schwarze Turm“ auf, der mächtige Bergfried als stärkstes Bollwerk der ganzen Anlage. „Schwarzer Turm“ wird er genannt nach der farbe seines Steinmaterials: aus sehr großen, sorgsam behauenen Blöcken einer Basaltlava, die aus einem nahe bei Eger aufragenden Eruptionskegel, dem Kammerbühl, gebrochen wurde, ist er erbaut. Über 20 meter hoch, 8 Meter im Geviert – in den im deutschen Burgenbau üblichen maßen also – so ragt er als ein Zeuge friegerischer Zeiten. Sein unterer Teil ist an dieser Seite umbaut von den Festungskasematten, die im späten 17. Jahrhundert als Neubefestigung der Habsburger hier angelegt wurden. Ihr rotes Ziegelmauerwerk sticht scharf ab gegen das Schwarz der Basaltblöcke. Von dieser Seite aus wirkt der Pfalzbezirk also noch ganz als Wehranlage, während drüben die Prukanlage in Erscheinung trat. Und da stoßen wir auf das erste sowohl politische wie baugeschichtliche Problem, das die Wegerpfalz bietet: war der Platz Eger zugleich Wehr- und Prunkanlage? Wurden Burgtum und Palasbau zur gleichen Zeit errichtet? – Aus baugeschichtlichen Schlüssen allein läßt sich diese Frage nicht lösen. Der Bergfried ist in sehr typischer Art erbaut, wie sie seit 1100 bis ins 13. Jahrhundert hinein begegnet. Aus seiner Bauart, aus Stoff und Form läßt sich sein Alter also nur sehr ungenau bestimmen. Die Pfalzbauten, der Palas und die Kapelle, können gemäß der in ihnen auftretenden Formenwelt zeitlich ziemlich genau bestimmt werden, der Palas dürfte um 1180 begonnen worden sein. Vom baugeschichtlichen Gesichtspunkt aus können Turm und Palas also wohl gleichzeitig errichtet worden sein. Dagegen spricht aber eine andere Erwägung, die in viel einfachere Form, als wir sie hier gelten lassen dürfen, schon in der Volksmeinung ihren Ausdruck gefunden hat: der „Schwarze Turm“ ist älter als der Palasbau. Die Erwägung nämlich: sollte Barbarossa für seine große Machtenfaltung, der die Pfalz dienen sollte, einen Platz ausgewählt haben, der noch durch einen so starken Wehrturm vor Feinden verteidigt werden mußte? Oder allgemeiner ausgedrückt: Prunk folgt den Wehr immer nach. So müßte man im Falle Eger also annehmen, das der „Schwarze Turm“ schon vor Errichtung der Pfalz stand, d. h., daß hier auf dem Hügel über dem Egerfluß schon vor Barbarossas Zeit eine mächtige Burg das Gelände beherrschte, daß Barbarossa diese alte Burg zu seiner neuen Pfalz ausbaute. So berichten es auch die alten Chroniken und sie erklären auch, wie Barbarossa in den Besitz der alten Burg gekommen sei: er habe noch vor seiner Wahl zum deutschen König die Tochter des damaligen Burgherrn, des Nordgaumarkgrafen Diepolds I. geheiratet und Eger als Mitgift bekommen. Diese Darstellung hat den Forschern nun aber ziemliches Kopfzerbrechen bereitet: Barbarossa hat sich nämlich drei Jahre nach seiner Verheiratung mit dieser Vohburgerin Adela – nun deutscher König – schon wieder von ihr scheiden lassen, aber die Mitgift hat er behalten! Dies problemhaltige Märchen st inzwischen aufgelöst worden: Barbarossa hat Eger nicht als Mitgift bei seiner Ehe mit Adela erhalten, sondern viel später als Erbe seines verstorbenen Vetters, des Herzogs Friedrich von Rothenburg 1167. Und diese Tatsache eröffnet uns den Blick zurück auf die Geschichte der alten Burg an der Eger. Seit wann gehörte Eger denn zum Gebiet des Reichs? Bis um 500 haben Germanen in diesem Gebiet gesiedelt, ein bis zwei Jahrhunderte nach ihrem Abzug – vielleicht nur teilweisen Abzug – wurden Slawen Siedler auf diesem Boden. Die Reichsverfassung Karls des Großen hatte das Gebiet der oberen Eger noch nicht mit einbezogen. Die Grenzmark verlief weiter westlich. In mühseliger Besiedlungsarbeit drang das Deutschtum damals langsam von der Donau aus entlang dem Grenzwald (Böhmwerwald) nordostwärts vor. Diese östliche Grenzmark des Reichs, der bairische Nordgau, gehörte zu Bayern, wurde aber von Markgrafen verwaltet, die ihre großen Amtsbefugnisse – als Grenzwächter – immer fester ausbauten. Nabburg und Cham wurden einbezogen, allmählich – so ums Jahr 1000 – war man schon bis ans Wondrebgebiet vorgedrungen. Burgensysteme bezeichnen immer die jeweils erreichte Grenze. Als Heinrich II. gegen Böhmen zog, um den drohenden Ostbund Polens und Böhmens zu brechen (1004), verlautet von Eger noch nichts. Erst 1061 erscheint der Name Eger zum erstenmal in einer Urkunde. Ob man von dieser einen Nennung schon auf eine Befestigung Egers schließen darf, ist sehr zweifelhaft, denn das Gebiet dort war noch nicht reif für eine solche. Erst um 1100 unter dem mächtigen Markgrafen Diepold II. dürfte das obere Egergebiet dem Nordgau endgültig einverleibt worden sein. Von 1125 an erscheint der Name Eger denn auch des öftern in Urkunden, Beweis, daß jetzt dort eine starke Grenzbefestigung, eben eine Burg gewesen sein muß. Dieser eigenwillige Markgraf Diepold hat in der Politik eine wesentliche Rolle gespielt: er war unter denen, die Heinrich V. zur Empörung gegen seinen Vater Heinrich IV. aufstachelten. So war nun die Reichsgrenze gegen Böhmen sicher bewehrt, der Nordgau, das Kolonisationsgebiet des bairischen Stammes, war bis auf die Kämme des Gebirges, ja in Eger bis über sie hinaus vorgeschoben. Diepold hatte sein Herrschaftsgebiet bedrohlich vermehrt, bedrohlich für das Königtum, das ihm gegenüber den Anspruch auf das neu gewonenne Gebiet als Reichsland nicht mehr durchzusetzen sich getraute. Aber als dieser Markgraf starb (1146), war der Augenblick gekommen, daß das Königtum seinen Anspruch auf das „Lehen“ geltend machen konnte: Konrad III. zog es ein, vergabte es in Teilen an verschiedene Grafen, das wichtigste Gebiet an der Grenze aber, eben das Egergebiet, behielt er selbst, gab es dann an seinen Sohn Friedrich von Rothenburg. Von dem hat es später Barbarossa geerbt. Also nicht als Heiratsgut hat es der große Hohenstaufe bekommen. Aber sein Ehe mit der Vohburgerin hatte wohl doch politische Hintergründe: man nimmt an, daß diese Heirat das enterbte Haus der der Vohburger mit den Hohenstaufen wieder versöhnen sollte. Und tatsächlich erscheinen die Söhne des großen Diepold auch nach der Scheidung der kaiserlichen Ehe als treue Gefolgsmannen der staufischen Kaiser. Eger aber blieb staufisch. Und Barnarossa baute es zur Pfalz aus. Damit beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte Egers. Wie die alte Burg beschaffen war, läßt sich nur durch Vergleich typischer Burggestalten des 12. Jahrhundert mit einigen Ausgrabungsergebnissen erschließen. Ihre erbauungszeit ist auf ungefähr 1130 anzusetzen. Denn vorher dürfte der Platz Eger nicht so stark befestigt gewesen sein. Der Zwinger mag sich – wie alte Abbildungen es für das 16. Jahrhundert belegen – schon damals um den Nord- und Westhang des Hügels hinaufgezogen haben zum Burgeingang am Südwesteck der Burg, wo Reste alter Mauern, die später in die Kasemattenbauten einbezogen wurden, eine alte Torbefestigung vermuten lassen. Auf dem Ostteil des Burgbezirks ist 1911 ein großes slawisches Gräberfeld freigelegt worden. Hier scheinen also ehemals keine größeren Burgbauten gestanden zu haben. Erst Barbarossa läßt hier seine Pfalzbauten errichten. 1932 und 1933 wurde ) nahe am Nordhang und nahe am Westring ungefähr in der Mittelinie des Gesamtbezirks die Fundamente starker Rundtürme freigelegt, die durch eine mächtige Mauer verbunden gewesen zu sein scheinen. Aus dem Ausgrabungsbefund wird deutlich, daß der westliche der beiden Rundtürme von „Schwarzen Turm“ verdrängt worden ist. Der „Schwarze Turm“ ist also jünger als diese alte Zweiturmanlage. Da man letztere einer der Pfalzanlage vorangehenden Burganlage zuschreiben muß, wird man den „Schwarzen turm“ nicht auch noch dieser Vorgängerin der Pfalz zuzählen dürfen, denn soviel zeitlicher Spielraum, wie ihn die Aufeinanderfolge so mächtiger Wehrbauten vorausegesetzt, liegt gar nicht zwischen Errichtung der ersten Burganlage und Errichtung der Pfalz. Man muß schließen, daß der „Schwarze Turm“ also doch erst anläßlich der Pfalzanlage errichtet worden ist. Diese erstaunliche Tatsache wird noch durch eine andere Überlegung gestützt. Der neue Pfalzeingang hängt mit dem „Schwarzen Turm“ als System innig zusammen. Dies System beobachten wir im deutchen Burgenbau erst in der Zeit um 1200. Und die Verlegung des Eingangs vom Südwesten des Bezirks an diese weiter östlich gelegene Stelle wurde ja auch erst bei Errichtung der neuen Pfalz, die einen monumentalen Eingang brauchte, notwendig. So müssen wir also festhalten, daß Barbarossa der Erbauer des heute stehenden „Schwarzen Turmes“ ist, daß er also seine Pfalz auch noch mit einem Wehrbau versehen zu müssen glaubte. Wehr und Repräsentation bestimmen also gleichmäßig den Pfalzentypus der Hohenstaufer. Die vorangehende Burganlage, das stolze Zweiturmsystem ), dürfen wir dem großen Markgrafen Diepold zuschreiben, der hier um 1130 ein Bollwerk zum Schutze des von ihm neu erschlossenen Egergebietes erbaut hat. Wo wir den Wohnbau dieser ersten deutschen Burg auf dem Egerhügel annehmen sollen, bleibt ungewiß. Die günstigste Stelle für ihn wäre der Nordrand, wo der steile Hang sichert. Vielleicht stand er an Stelle des jetzt wieder in seinen Fundamenten ausgegrabenen „Kuchelhauses“ (15. Jahrhundert), also unmittelbar westlich des Platzes, über dem später der neue Palas errichtet wurde. Vielleicht wurde er gar noch nach dessen Erbauung als Wirtschaftsbau von der neuen Pfalzanlage mitgenutzt. Die Schrägführung der Palaswestmauer erführe dadurch einen einleuchtende Begründung. Da an dieser Stelle aber keinerlei tiefe Fundamentmauern gefunden wurden, im Gegenteil ziemlich unberührtes Gelände, in dem Reste von Wohngruben aus slawischer Zeit und vielleicht noch früher aufgedeckt wurden, müssen wir mit dieser Ansicht zurückhalten. Der Wohnbau konnte auch zwischen den beiden mächtigen Rundtürmen gestanden haben. Am West- und Südrand des Berings mögen angelehnt an die Mauer noch andere Wirtschaftsgebäude der alten Burg gestanden haben, wie dort ja auch noch zur Pfalzenzeit solche erhalten oder neu aufgeführt worden sein mögen. Das Gräberfeld im Osten war also durch die erste deutsche Burganlage geschont und durch eine starke Mauer vom Burgbezirk ausgeschieden worden. Der deutsche Burgenbauer hatte also einen Bestand gewahrt, wie er vordem von einer in Scherbenresten und der Gesamtanordnung bezeugten slawischen Burgwallsiedlung (9. bis 12. Jahrhundert) angelegt worden war. Auf diese mächtige deutsche Burganlage pflantzte nun Barbarossa seine Pfalz auf. Das Gebiet war besiedelt. Die reinen Wehrburgen konnten weiter östlich vorgeschoben, der Pfalz an der Eger konnte zu stolzer und dabei wehrtüchtiger Machtentfaltung umgewandelt werden. Denn dies war von je der Sinn der kaiserlichen Pfalz: die herrscherliche Macht bedurfte nicht mehr der Sicherung durch die Burg, sie konnte nun durch große Prachtentfaltung wirken. Diese Prunkanlage des Herrschersitzes war von Karl dem Großen in das deutsche Bautum eingeführt worden. In Nymwegen, in Aachen und in Ingelheim hatte er seine großen Pfalzen errichtet, also alle just auf jener großen Mittelachse seines Reiches, die durch den Rhein gegeben war. Ein großer, von Säulengängen umzogener Hof: auf der einen Seite der kaiserliche Palast, auf der anderen die kaiserliche Pfalzkapelle. Imperium und Sacerdotium waren in diesem Bautypus vereinigt, als Ausdruck der theokratischen Idee, der von Gott eingesetzten Herrschaft über die Erde. Die Salier hatten den monumentalen Baugedanken dann wieder aufgenommen: im 11. Jahrhundert hatten sie ihre Pfalz bei Goslar errichtet, eine Stütze des süddeutschen Königtums in den gegnerischen sächsischen Landen. Wieder über mehr als ein Jahrhundert hinüber nimmt Barbarossa nun den alten Gedanken des großen Karl wieder auf: überall in seinem Reich erbaut er seine stolzen Pfalzen, Symbol der wiedererstandenen Kaiserherrlichkeit. Er beginnt in seinem Stammland, dem Elsaß. Hagenau und dann Lautern sehen die ersten Pfalzen erstehen. Weiter gegen Osten wird die Linie geführt: Nürnberg wird prächtig ausgebaut. Dann setzt der Pfalzenbau hoch im Nordwesten ein: Nymwegen wird erneuert, Kaiserswerth am Rhein wird erbaut. Diese nördliche Linie wird weitergeführt: Goslar ersteht in neuem Glanz, um den Harz herum entstehen mehrere Pfalzen. Auch Altenburg wird größer ausgebaut. Mit der wachsenden Bedeutung des östlichen Reichsgebiets mußten beide Pfalzenlinien auf Verlängerung gegen Osten drängen. Der Ausbau von Eger band sie gleichsam zu einem Keil zusammen, der gegen Osten vorstieß. Man begreift nun die großen Gesichtspunkte, unter denen Barbarossa die Plätze für seine Pfalzen auswählte. Eger gehört als wichtige Kopfstellung in das Gefüge der Barbarossapfalzen. Die vorausehende Klugheit, mit der sie gerade hier angelegt wurde, erwies sich fast ein Jahrhundert lang, als sich gerade an Eger die Machtverschiebungen zwischen Staufern und Welsen immer wieder ausrichten mußten. Der Pfalzenkeil mit Eger als Spitze hielt die dem Stauferhaus feindlich gesinnten Mächte auseinander, schob dessen Einfluß gegen Osten vor. Glänzende Hofhaltungen, prächtige Fürstentage hat die Pfalz in jenen Zeiten gesehen. Zur Vollendung war sie wohl erst unter Friedrich II. gediehen, so um 1220. Den Geist dieses Herrschers, der in Sizilien die Kultur der ganzen Welt in sich aufgenommen hatte, glaubt man im künstlerischen Ausdruck namentlich der kaiserlichen Kapelle wahrzunehmen. Der trutzige Bergfried, der an Stelle des alten errichtet wurde, wahrt ihr den Kampfcharakter, auf dem sich eine stolze Prachtentfaltung erst aufbauen konnte. Durch ein breites Einfahrtstor mit Torhalle, die vom mächtigen Turm daneben bewacht wurde, ritt man in den geräumigen Pfalzhof hinein. Die Stallungen und Wirtschaftsgebäude dürften im westlichen Teil gestanden haben. Der östliche war den Großbauten vorbehalten. Da traf man vom Eingang her zuerst auf die Kapelle. Sie stand vor dem Palast, so daß dessen halbe Fassade von ihr verdeckt war. Sie ist noch gut erhalten. Ihr Merkwürdiges ist die Teilung in zwei Geschosse, die durch eine Öffnung in der Zwischendecke miteinander verbunden sind. Diese Einteilung ist wieder durch das theokratische System des mittelalterlichen Kaisertums bedingt: die untere Kapelle war für die Gefolgsleute des Herrschers bestimmt, in der oberen nahm dieser selbst am Meßopfer teil, das unten oder oben zelebriert werden konnte. Die spätromanische Kunst hat diese zugrundeliegende Idee in reichste Raumschöpfungen weiterentwickelt. Die untere Kapelle – man muß einige Stufen zu ihr hinuntersteigen – macht einen schweren, erdhaften Eindruck. Auf gedrungenen Pfeilern ruhen lastende Gewölbe auf. Die Ornamentik der Kapitelle kerbt sich gleichsam mit Mühe in den schweren Granit. Ist man in die obere Kapelle emporgestiegen, so umfängt einen eine andere Welt: schwingende, scharfgerippte Gewölbe federn über schlanken Säulen auf, reiche Lichter spielen aus der Fensterzone nieder, im Chor lockt eine seitliche Arkade zu Drehung und Leichtigkeit des Körpergefühls. Die dumpfe Schwere von unten, die durch die Öffnung auch noch nach oben wirkt, wird nur noch als überwundene emfunden. Reiche Figurenornamentik schmückt Kapitelle und Konsolen, Säulen und Fenstergewände. Alle Schmuckteile sind aus edlem Marmor. Die Wände waren ehemals wohl reich bemalt, an den unteren Teilen mit Stickereien und Teppichen behangen. Eine hölzerne Galerie führte ehemals vom Palassaal unmittelbar zu diesem Oberraum. Durch das Marmorportal an der Westseite zog der Herrscher hier ein, die Sängerknaben begrüßten sein Kommen. Hier in der kaiserlichen Kapelle wurden auch jene wichtigen Urkunden unterzeichnet, die des Reichs Geschicke bestimmten. Man hat viel über die Baugeschichte dieser Kapelle gestritten. Der Eindruck der Unterkapelle schien mit dem der Oberkapelle zeitlich so gar nicht übereinstimmen zu wollen. Und tatsächlich: unten glaubt man sich in Zeiten des hohen romantischen Stils versetzt, oben aber schon in solche der reifen Gotik. So hat man denn auch angenommen, daß die obere Kapelle um ein Jahrhundert später errichtet worden sei als die untere, etwa nach einem Brand, der 1270 fast ganz Eger in Asche legte. Rudolf von Habsburg habe die Oberkapelle in den reiferen Formen seiner Zeit wieder aufbauen lassen. Dagegen macht stutzig, daß die Einzelformen in der Oberkapelle noch ganz und gar romantischen Formcharakter zeigen. So dachte man, daß nur die Gewölbe dem Wiederaufbau entstammten. Aber auch dagegen wurden Gründe vorgebracht: nirgens läßt sich eine Baunaht zwischen Schiff und Gewölben erkennen. Wir konnten im Gegenteil feststellen, daß die Bauornamentik der Oberkapelle dem gleichen Schulkreis angehört, wie die der Unterkapelle. Eine Unterbrechung im Bau kann also gar nicht so lange gedauert haben. Ein Überblick über romantischee Doppelkapellen lehrt uns, daß ein solcher Unterschied im Raumcharakter der Unter- und der Oberkapelle beabsichtigte Wirkung dieser spätromantischen Kleinbauten war: der Kontrast von der niederen, schwer eingewölbten Unterkapelle zu der leicht und elastisch schwingenden Oberkapelle sollte die Gemüter bewegen, die Überweltliche Stellung des Herrschers sollte in dem gelösten Raum oben sinnfällig zum Ausdruck kommen. Dieser Unterschied allein deutet also nicht unbedingt auf zeitliche Unterschiede in der Erbauung. In Nürnberg steht auf der Burg eine sehr ähnliche Doppelkapelle: in ihr ist der Gegensatz zwischen Unter- und Oberraum zumindest ebenso stark zum Ausdruck gebracht. Und die Nürnberger Kapelle scheint ohne größere Bauunterbrechung aufgeführt worden zu sein. Die Untersuchung der Einzelformen gibt weitere Aufklärung. Die untere wie die obere Kapelle durchzieht die gleiche Stilströmung: wir können sie aus dem Elsaß ableiten. Dort zeigen viele Kirchen eine bis ins einzelne gleiche Ornamentik in Kapitellen, Kämpfern und Basen. Diese Ornamentik läßt sich auch schon an den Arkaden des Palasbaus beobachten. Das heißt: von Anfang der Pfalzerrichtung an ist hier in Eger eine oberrheinische Hütte am Werk. Das ist keineswegs verwunderlich: die Staufer betrachteten das Elsaß als ihr Kerngebiet. Dort ließen sie viel bauen. Eine der dort eingesetzten Hütten wird nach Eger berufen, um die Pfalz zu erbauen. Damit ist also das Herkunftsgebiet der Egerer Kunstübung geklärt. Der Hinweis gestattet nun auch weitere Aufklärung über die Sonderheiten der Egerer Architektur, besonders derjenigen der Kapelle. Die leichte und frohgemute Wölbung der Oberkapelle, die man zunächst nicht in die Zeit der Pfalzerrichtung zu datieren wagte, hat im Elsaß ihresgleichen. Viele der dortigen Kirchen zeigen ganz ähnliche, energische Wölbung über Rippen schon zu dieser Zeit (um 1200). So braucht man auch von diesem Gesichtspunkt aus keine allzulange Frist zwischen Aufführung der Unterkapelle und der Oberkapelle anzunehmen. Die Unterkapelle wird gleichzeitig mit oder kurz nach der Aufführung des Palas begonnen worden sein. Dann ließen die politischen Wirren um 1200 den Weiterbau stocken. Erst unter Friedrich II. wird die Oberkapelle ausgeführt worden sein. Ihr Raumcharakter paßt sehr wohl zu dem uns bekannten Kunstgeschmack dieses großen und hochgebildeten Kaisers. Er war es ja auch, der zu Gelnhausen, zu Wimpfen und Seeligenstadt die kaiserlichen Pfalzen erbauen ließ. Wir müssen ihn als den Vollender der Egerpfalz namhaft machen. Nun noch die Beschreibung des großen Palasbaus, des Hauptgebäudes der Pfalz. Vom eindrucksvollen Eingang aus führte die Hauptachse – vorüber an der Kapelle – auf ihn zu. Man betrat das Untergeschoß auf einem abschüssig geführten Rampenweg. Vor dem untern Eingang scheint eine Art Freitreppe zum Hauptportal im Obergeschoß hinaufgeführt zu haben, eben zu jenem Saaleingang, von dem aus die Galerie hinüberführte zur Kapelle. Über diesem Saalgeschoß dürfte schon das Dach aufgegangen sein. Diese Stockwerkanordnung finden wir auch in den älteren Pfalzbauten zu Goslar und zu Braunschweig. Das Fachwerkgeschoß, das Abbildungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen, stammt aus dem späteren 15. Jahrhundert. Das untere Stockwerk versank auf dieser Seite halb im Erdboden, so hatte es hier auch keinerlei Fenster. Einige überwölbte Vorbauten dürfen als Heizkammern angesprochen werden. Denn sicher hatte dieser große Palasbau, in dem die Kaiser besonders gern zu Winterzeit residieren, ausgezeichnete Heizanlagen: in Heizkammern wurde die Luft erhitzt und dann durch Kanäle der einzelnen Räumen zugeleitet. Im Palas zu Braunschweig haben sich diese Heizanlagen gut rekonstruieren lassen. Der gegen Norden gelegene Palas zu Eger bedurfte solcher Zentralheizung ganz besonders. Das untere Geschoß war in zwei große Säle aufgeteilt, die von einer Stützenreihe, vielleicht über Arkaden, der Länge nach unterteilt waren. Gegen Norden und Osten hatten sie Lichtöffnungen, die in verhältnismäßig kleinen Abmessungen die Dicke der Mauern durchbrachen. Heute sieht man hier noch andere Öffnungen: sie wurden erst später – teils als Ausschußlöcher für Geschütze – eingebrochen. Diese Säle dürften für die Gefolgsleute bestimmt gewesen sein. Ställe, wie vermutet wurde – wird man unter dem Kaisersaal wohl kaum untergebracht haben, für die waren zweifellos eigene Stallgebäude auf dem weiten Pfalzhof vorhanden. Ob von diesem untern Geschoß ein Aufgang zu dem oberen geführt hat, läßt sich nicht feststellen. Es ist nicht anzunehmen. Die Dienerschaft mochte von dem Anbau aus zu den kaiserlichen Gemächern und zum Saal gelangen. Die Gäste und die zur Audienz zugelassenen werden den Saal durch den Haupteingang betreten haben. Das Obergeschoß wurde zum größeren Teil vom Kaisersaal eingenommen. Die drei großen Arkaden in der Nordwand und die kleinere in der Ostwand bezeichnen seine Lage. Dieser mächtige Saal wird ebenfals von einer Stützenreihe, welche die Deckenbalken zu unterfangen hatte, unterteiltgewesen sein. Der Sitz des Kaisers wird an der Ostseite aufgestellt gewesen sein – dort ist das Fenster aus der Mittelachse herausgerückt. Die prachtvoll geschmückten Fensterarkaden ließen reiches Licht einströmen. Ihre Säulen aus Marmor mit den verzierten Kapitellen und Kämpfern gaben dem gewaltigen Saal eine anmutige Note. Gegen Wind und Wetter mußten sie mit Gehängen oder mit schweren Läden abgeschlossen werden. So ist zu vermuten, daß der Saal auch an der nicht mehr erhaltenen Südwand Fenster hatte, wenn auch nur kleine, da dort ja die Kapelle jede Sicht verbaut hatte. Anschließend an den großen Saal gegen Westen folgten zwei große Gemächer, sicher für den kaiser selbst bestimmt. Fenster in zwei Lagen übereinander und je ein Aborterker lassen die Größe der Gemächer auch in dem heutigen Zustand, der ja keinerlei Zwischendecken und Zwischenmauern mehr aufweist, noch klar erkennen. Auch diese Gemächer gaben also eine weite Sicht ins Tal und auf die Höhenzüge im Norden frei. Man erkennt daraus, wie damals ein ganz neues Naturgefühl die Menschen lockte, die Landschaft mit herein zu beziehen in ihr Wohnleben. Den Gemächern südlich vorgelagert scheint ein Gang geführt zu haben. Dies eine bemerkenswerte Neuerung im Palas zu Eger. Die älteren Palasbauten kannten Gangsysteme innerhalb der Häuser noch nicht. In Eger scheint die Notwendigkeit eines Gangs durch ganz bestimmte Einteilungen aufgezwungen worden zu sein. Wir sprachen schon von einem Wirtschaftsbau, der westlich an den Palas angeschlossen haben muß. Ob man in ihm den alten Wohnbau der Vohburgerburg zu sehen hat, der also zu solchem Zweck erhalten worden wäre, oder aber einen bei der Pfalzerrichtung neu aufgeführten Anbau, ist nicht zu entscheiden. Sicher ist, daß ein solcher Anbau die Küchen und Wirtschaftsräume für den Hofgetrieb und vielleicht noch Wohngemächer enthalten haben muß. Von diesem Anbau aus brauchte man eine Verbindung zu den kaiserlichen Gemächern und zu dem Kaisersaal. Da man diese Verbindung nicht durch die kaiserlichen Gemächer hindurchführen konnte, war man genötigt, ihm einen eigenen Gang zu bieten, der vom Anbau unmittelbar zum Saal führte und außerdem Zutritt zu den kaiserlichen Gemächern ermöglichte. So kam es in Eger erstmalig in der Geschichte des deutschen monumentalen Profanbaus zur Einführung dieses wichtigen Gliedes, dessen weitere Entwicklung dann für die Ausgestaltung des Profanbaus so wichtig werden sollte. Denn von diesem einfachen Gang aus führt entwicklungsgeschichtlich eine gerade Linie bis zu den Prachttreppenhäusern der Barockzeit. In der auf Eger folgenden Pfalz Gelnhausen ) ist denn auch diese neue Bauglied schon viel reicher ausgeführt. Ob die Gangaußenseiten – gegen Süden – auch in Eger schon mit kleinen Arkaden geschmückt waren, ist nicht festzustellen. Die betreffende Außenmauer zeigt sich im heutigen Zustand arg verbaut. Auch ein alter Plan aus 1694 weist schon diese Verbauung aus. Vielleicht war er in Eger tatsächlich nur behelfsmäßig ausgestattet, wenn man auch annehmen sollte, das die Baumeister diese dem Hof zugewandte Seite, also die eigentliche Schauseite, besonders prächtig ausgestattet hätten. Aber darin liegt ja die andere Neuerung, die der Palas zu Eger brachte. Er wandte seine Hauptpracht ja vor allem dem Draußen, der freien Landschaft zu. Alle früheren Paläste hatten die Arkaden oder sonstwie die schmückenden Teile der Innerseite, der Hofseite also zugedreht. In Eger zum erstenmal tritt der Hauptschmuck an die Außenseite. Das braucht nicht heißen, daß die Innerseite darüber vernachlässigt worden sei. Vielleicht gestalteten die Egerer Meister ihren Bau allseitig gleich prächtig aus. Und damit hätten sie im Profanbau das nachgeholt, was der Kultbau: die Basilika schon errungen hatte: den allseitig gleich ausgestalteten, objektiv sich darstellenden Kernbau, der nicht nur die eine Fassade hervorkehrt, sondern blockartig allseitig sich darbietet. Ein echt deutsches Ideal, das den römischen Fassadentyp überwindet. Zu dessen restloser Verwirklichung ist der deutsche Profanbau dann aber erst in der späten Renaissancezeit gelangt. Vielleicht war Eger ein erster Vorstoß in dieser Richtung. Der weite Hof zwischen den Bauten war wohl ziemlich frei gehalten. Nur der Brunnen, das wichtige Erfordernis von Burg und Pfalz, mag eine monumentale Ausgestaltung erfahren ) haben. Einiger Baumwuchs wird auch schon damals einen heimlicheren Ton hereingebracht haben, die dan zu dem dröhnenden Klang der Großbauten in reizvollem Gegensatz gestanden haben muß. Auf solcher Stätte also begaben sich die stolzen Hoftage der Hohenstaufen. Hier strömte bei Kaiserbesuchen, die oft lange währten, die Blüte deutscher Ritterschaft, deutscher Kultur überhaupt zusammen. Besonders unter dem großen Friedrich II. und dann auch unter seinem schaffenseifrigen, aber unbedachten Sohn Heinrich mag ein reiches Geistesleben hier auf Eger geherrscht haben. Die Reichspolitik traf hier schwerwiegende Entscheidungen. Aber mit dem Hinsinken der Staufermacht – 1150 stirbt Friedrich II. – ist auch Egers Bedeutung als Schlüsselstellung der Reichspolitik erloschen. Přemysl Ottokar II. von Böhmen hält es lange besetzt. Rudolf von Habsburg gewinnt es nochmal dem Reich zurück. Es folgt ein Hin und Her. Noch schätzt man den Besitz der Burg und auch der Stadt, die jetzt schon kräftig herangewachsen war, hoch ein. Man bemüht sich, Eger als Pfand zu bekommen, um es dann ganz behalten zu können. So auch Johann von Luxemburg, der Böhmenkönig: er läßt sich Eger vom deutchen König Ludwig dem Bayer für seine Hilfe bei dessen Thronkämpfen als Pfand zuschreiben (1322). Und damit war es dem Reich endgültig verloren. Denn nie wieder seitdem ist das Pfand ausgelöst worden. Ja die Habsburger wußten durch kluge Maßnahmen alle Spuren staatsrechtlicher Zugehörigkeit Egers zum Reich zu löschen. Eger wird eine Stadt Böhmens. Eine Burg wird in die Habsburgische Festung gegen den Westen mit eingeschlossen. Um Jahre 1634 spielte sich dort oben auf der Burg der grausige Vorgang ab: Wallensteins Offiziere, die der Burgkommandant Gordon zu Gast galaden hatte, werden in dessen Haus – eben dem Anbau an den Palas – ermordet. Und drunten in der Stadt fällt Wallenstein selbst den Mördern zum Opfer. Die Neubefestigung Egers nach dem 30jährigen Krieg bringt dann wieder reges bauliches Leben auf die schon dem Verfall geweihte Pfalz. Zwar: bei den alten Pfalzbauten scheint man sich mit untergeordneten Ausbesserungsarbeiten beschränkt zu haben. Besonders der Palas, auf den man im 15. Jahrhundert noch ein Stockwerk aus Fachwerk aufgesetzt hatte, mag schon sehr baufällig gewesen sein. Die Kapelle diente zeitweise als Pulvermagazin. Das bauliche Leben betrifft nur die Kasemattenbauten, die jetzt im Süden aufgeführt werden: Ziegelbauten in der damaligen Festungsbauweise. Im Westen wird eine hohe Böschung aufgeschüttet, auf der eine Batterie in Stellung gebracht wird. Die Erde für diese Böschung gewinnt man durch Vertiefung des Halsgrabens im Süden. Unter der Böschung mögen verschiedene ältere und neuere Burg- und Pfalzbauten, eben Wirtschaftsbauten verschüttet worden sein. Auch das Gordonhaus, der Anbau an den Palas, fiel ihr zum Opfer. Erst 1932 wurden seine Fundamente wieder freigelegt. ) Unter den Festungsbaumeistern begegnen um 1700 die berühmtesten Namen des böhmischen Barock: Leuthner, Dientzenhofer, Orsiny. Festungsbaukunst war ja die Grundlage, über die sich die große Barockbaukunst entfalten konnte. Die meisten der großen Barockmeister haben als Festungsbaumeister begonnen. Als solche hatten sie ja auch ihre – meist militärische – Schulung durchgemacht. Die Umwandlung zur Festung hat der Pfalz viel künstlerische Reize genommen. Die plumpen Kasemattenbauten umlagern die Bauten der romanischen Zeit, lassen ihren stolzen Anstieg nicht mehr ganz zur Wirkung kommen. Im 18. Jahrhundert verfiel der Palas dann mehr und mehr. Aber auch später ward allzuwenig Sorgfalt auf die Erhaltung der Bauten verwertet. Im 19. Jahrhundert wird einiges an der Kapelle restauriert, der Palas war schon dem Untergang geweiht. 1895 geht die Pfalzruine in den Besitz der Stadtgemeinde Eger über, die seitdem für das Erhaltene zu sorgen hat. Großartig spricht noch heute die Ruine des Palasbaus vom Egertal aus uns an. Die Doppelkapelle ist leidlich gut erhalten: der Wohllaut ihrer Räume kann uns noch immer begeistern. Unversehrt ragt noch immer der „Schwarze Turm“, dessen gewaltigem Gemäuer sieben Jahrhunderte nichts anzuhaben vermochten. Ein stolzes Denkmal unserer Geschichte grüßt uns in dieser Ruine. Und wenn wir hinziehen, sie zu bewundern, so wollen wir nicht tote Altertumsschnüffelei treiben, sondern unser heutiges leben bereichern. Aus Steinen, die wir zum Reden bringen, wollen wir versunkene Kräfte des Volkstums wieder lebendig machen, die ehemals solches aufgerichtet und die Welt durch edle Form gestaltet haben. ) Von Dr. Oskar Schürer, Privatdozent, Universität Halle.

(cg100/Schürer 1934)
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cg100/Sturm 1952

Die Kaiserpfalz

Nicht nur für die gesamte mittelalterliche Geschichte der Stadt, sondern auch im Stadtbild von Eger nimmt die Kaiserburg eine hervorragende Stellung ein. Dominierend thront sie auf dem zum Fluß abfallenden Felsen und überragt sowohl als Bauwerk wie auch als Mittelpunkt des Reichslandes Eger betont ihre Umgebung. Ursprünglich, und zwar seit Beginn des 12. Jahrhunderts, stand hier eine wesentlich kleinere Burg, die ebenfalls schon Verwaltungsmittelpunkt des Egerer Gebietes (1135: regio Egere) gewesen war und vom Markgrafen auf dem baierischen Nordgau Diepold III. (urkundlich 1093 – 1146) zum Schutze des um diese Zeit neu erschlossenen Kolonisationsgebietes im Egerer Becken errichtet worden ist. Als nach dem Tode Diepolds (1146) das Land Eger von Konrad III. als heimgefallenes Reichslehen an die Staufer kam und hier eine festgefügte Reichslandverwaltung aufgebaut wurde, erwies sich die bisherige Burg als zu klein und wurde abgerissen, um für den Neubau der Kaiserburg Platz zu machen. Den Baubeginn der Kaiserburg wird man unmittelbar nach dem ersten Egerer Aufenthalt Kaiser Friedrich Barbarossas im Jahre 1179 ansetzen dürfen. Am 12. Juni dieses Jahres war er zur Einweihung der neuen Klosterkirche durch Bischof Konrad von Regensburg nach Waldsassen gekommen und hielt sich auch auf der Burg in Eger auf, von wo aus er (in curia sua apud Egram) eine Grenzbereinigung zwischen Österreich und Böhmen im Sinne einer Absprache in der Versammlung der Reichsfürsten (ex consilio principum imperii) vollzog, die dann am 1. Juli 1179 in Magdeburg beurkundet wurde. Bei diesem ersten Reichsfürstentag in Eger waren zugegen: die Herzoge Leopold und Friedrich von Österreich, Bischof Konrad (Kuno) von Regensburg, Markgraf Diepold IV. von Vohburg, die Burggrafen Friedrich und Heinrich von Regensburg, Graf Konrad von Beilstein, Pfalzgraf Otto der Jüngere von Wittelsbach, Graf Rudolf von Pfullendorf, Burggraf Friedrich von Nürnberg, Otto von Lengenbach, Graf Diepold von Lechsgemünd, Konrad von Bocksberg, Ruprecht von Dürne, Heinrich von Altendorf und dessen Bruder Friedrich, Diepold von Lützenburg, Otto von Asheim, Rüdeger von Mindenbach, aus Böhmen und Mähren Otto Graf von Mähren, Bohut aus Böhmen, Billung von Dudleben und dessen Bruder. Markgraf Przemysl von Mähren, Albrecht Trosnej und viele andere, unter ihnen auch die Reichsministerialen des Landes Eger. Eine zahlreich, vor allem aus Süddeutschland besuchte Fürstenversammlung wurde damals also unter Vorsitz des Kaisers in Eger abgehalten, wobei die Egerer Burg als curia bezeichnet wurde. Als Friedrich Barbarossa kaum vier Jahre später. Ende Mai des Jahres 1183, zu einem weiteren Fürstentag nach Eger kam, aus welchem Anlaß mit den Mönchen des Klosters Scheftlarn ein Gutertausch vereinbart und Bischof Konrad von Lübeck die Investitur erteilt wurde (accepta igitur pontificali investitura apud Egere, castrum imperatoris, dominus electus veniens in parochiam suam decenter statum ecclesiae sue ordinare cepit), ist die Burg von Eger erstmals ausdrücklich als Kaiserburg (castrum imperatoris) bezeichnet worden. Die großzügige Planung verlangte die Abtragung der bisherigen markgräflichen Burg und eine Erweiterung des Burggeländes um ungefähr das Doppelte. Der im Vorgelände der Burg gelegene alte Friedhof wurde ungefähr einen halben Meter hoch mit Erde überdeckt und davor, gegen die Stadt zu, ein breiter Halsgraben ausgeworfen, den man in seiner ganzen Breite ausfütterte und burgseitig durch eine hochgezogene Mauer befestigte. Die Kaiserburg war durch diesen Graben mit einer Mauer von der Stadt getrennt, woraus sich auch erklärt, daß die Ortsangabe bei Datierungen von Urkunden, die in der Kaiserburg ausgestellt wurden, jeweils apud Egram lautet. Die Anlage der Kaiserburg ist weiträumig und in ihrer Betonung der Größe und der Machtfülle des universalen mittelalterlichen Kaisertums sowohl im Profanen wie im Sakralen monumental. Die Dreiheit Bergfried, Palas und Kapelle vereinigt hier die Aufgaben der Wehrhaftigkeit und der Repräsentation mit dem Glauben an das Gottgnadentum des Herrschers. Solche repräsentative Bauten für den zeitweiligen Aufenthalt des Kaisers, anderwärts Pfalzen genannt, entstanden zur Zeit Friedrich Barbarossas allenthalben in seinem großen Reiche, sei es, daß sie überhaupt neu angelegt oder durch Umbau bestehender Anlagen nach dieser Art umgestaltet wurden. Damit nahm Kaiser Friedrich I. die Tradition des von Karl dem Großen eingeführten und von den salischen Kaisern fortgesetzten Pfalzbaues wieder auf. Die Verteilung der Baulichkeiten auf der Egerer Kaiserburg ergibt sich aus folgender Skizze.

(Sturm 1952,57-58)
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Boháč 1978

Die Kaiserpfalz

Die Kaiserpfalz in Eger gehört mit ihren Bauelementen in die Reihe jener Stauferpfalzen aus der 2. Hälfte des 12. Jhs., die wir zu den Vorgängern der Pfalz von Eger zählen können. Den Kern dieser Kaiserpfalz bildete der Palas im Nordteil des Burghofs. Gegenwärtig ist nur die nördliche und ein Teil der östlichen Umfassungsmauer bis zur Höhe des Obergeschosses erhalten geblieben. Die Osthälfte des ersten Stocks wurde vom Festsaal (25 m lang und 10 m breit) eingenommen, der für Verhandlungen und festliche Gelegenheiten bestimmt war. Den repräsentativen Charakter des Saals betonen drei erhalten gebliebene fünfteilige Arkadenfenster mit Granitsäulen und flachen, reliefgeschmückten Kapitellen.

Im Erdgeschoß unter dem Saal, der unter dem Hofniveau liegt, befanden sich Vorrats- und Gesinderäume. Der gegenwärtige, über eine steile Rampe führende Eingang in das Erdgeschoß stammt aus der 2. Hälfte des 15. Jhs., als hier Pferdeställe errichtet wurden. Aus dieser Zeit ist auch weitere Bautätigkeit auf der Burg bekannt. Über dem Palas errichtete man ein Fachwerkwohngeschoß, an die Westmauer des Palas wurde ein Wirtschaftsgebäude angebaut, das als Wohnung für den Burgkommandanten diente. Hier kam es am 25. Februar 1634 zur Ermordung der Offiziere Wallensteins. Den Westteil des Palas bildeten zwei Wohnkemenaten. Der Eingang lag ungefähr 2 m über dem Niveau des Terrains und war ursprünglich durch eine hölzerne Galerie direkt mit dem Obergeschoß der Kapelle verbunden, die sich eng an die Südmauer des Palas anlehnte.

Das einfache, kompakte Äußere der Burgkapelle in Form eines prismatischen Blocks aus Bruchmauerwerk zeugt von der Tatsache, daß die Kapelle als einheitliches, komplexes Gebilde errichtet war. Diese äußere Form steht allerdings in ausgeprägtem Gegensatz zu der stilmäßig unterschiedlichen innernen Anordnung der Kapelle. Sie ist das Ergebnis zweier verschiedener Bauetappen, denen die Einteilung der Kapelle in das Erdgeschoß und den Oberstock entspricht.

Das Gewölbe des quadratischen Schiffs der unteren Kapelle, die man durch das Südportal betritt, wird von vier massiven Granitsäulen mit würfelförmigen Kapitellen und flacher Reliefverzierung gertragen, deren Ausführung den Einfluß der elsässischen Ornamentik aus der Periode des ausklingenden 12. Jahrhunderts verrät. Dem Schiff ist ein quadratisches Presbyterium mit zwei anliegenden Kammern angegliedert. Die nördliche Kammer war ursprünglich mit dem Obergeschoß des Treppenhauses verbunden, das von hier in die Mansarde führt und bis zur Gegenwart erhalten geblieben ist. Das die beiden Schiffe verbindende Treppenhaus ist augenscheinlich später errichtet worden. Der Raum an der Südseite des Presbyteriums diente dem Anschein nach als Sakristei. Der Mittelteil des Gewölbes des Parterreschiffs ist durch eine achtseitige Öffnung mit dem oberen Teil der Kapelle verbunden. Die einen Ausblick in das untere Presbyterium bietende Öffnung ermögliche es dem Herrscher, separiert am Gottesdienst teilzunehmen. Die räumliche Anordnung des Interieurs symbolisierte auf diese Weise die Hierarchie der feudalen Gesellschaft und drückte so die gesellschaftliche Überordnung des Kaisers und seines Gefolges über die anderen Gesellschaftsschichten aus.

Der obere Teil der Kapelle entspricht mit seinem Grundriß der Grunddisposition des unteren Teils mit den vier Mittelsäulen. Er unterscheidet sich jedoch markant durch seine Stilauffassung. Der Raum ist höher und beschwingter. Zwei glatte und zwei polygonale schlanke Marmorsäulen wechseln diagonal ab und tragen das Rippengewölbe mit seinen zehn Feldern. In der oberen Kapelle schließen sich ähnlich wie im unteren Teil das rechteckige Presbyterium mit einem Gewölbe gleichen Typs an wie im Schiff mit den zwei anliegenden Räumen. Der rechte, durch eine Doppelarkade auf einer plastisch verzierten, fächerförmig kannelierten Säule abgeteilte Raum diente offensichtlich als Privatloge des Kaisers. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich eine Tür mit einem in die Mansarde führenden Treppenhaus. Das in die Westwand eingemauerte Portal bildete ursprünglich den Eingang zum oberen Teil der Kapelle. Die Stilmäßige Unterscheidung der oberen Kapelle von der unteren hat ihren Ausdruck in der reichen plastischen Verzierung der Säulenkapitelle, die mit ihrer phantastischen Symbolik und mit ihren figuralen Elementen der spätromanischen Zeit enspricht. Die figural bearbeiteten Säulenkapitelle unweit des Presbyteriums stellen in den Gestalten der Engel das Symbol der Tugend dar; die gegenüberliegenden Kapitelle symbolisieren mit ihren Figuren das Laster. Zur Gesamtausschmückung der Kapelle tragen auch die auf den Kapitellen der Halbsäulen ausgemeisselten Köpfe, die verzerrten Gesichter und die stilisierten Pflanzenornamente bei. Die Kapelle von Eger ist mit ihrer künstlerisch reifen Architektur eines der bekanntesten Baudenkmäler auf dem Gebiet Böhmens.

Von der ursprünglich romanischen Befestigung der Burg sind nur der Schwarze Turm und ein Teil des Ostwalls erhalten geblieben. Der Schwarze Turm ist ein Bestandteil des Ostwalls. Er ist ein typischer Wehrturm und steht auf einer quadratischen Grundfläche von 9 x 9 m; seine erhalten gebliebene Höhe erreicht 18,5 m, und die Dicke der Mauern im Erdgeschoss 3,16 m. Den ursprünglichen Eingang in den Turm bildete ein Portal im ersten Geschoß, das direkt von der Burgmauer hierher führte. Zum Bau wurden aus schwarzem Tuff bestehende Bossenquader verwendet, die von dem unweit gelegenen Hügel Kammerbühl stammen. Im Jahre 1774 errichtete man anstelle des Satteldachs einen Aufbau aus Bruchsteinen und Ziegeln.

Die ständig wachsende Bedeutung der Stadt Eger, die 1203 zum erstenmal als Stadt („civitas“) erwähnt wird, unterdrückte allmählich die dominierende gesellschaftliche Funktion der Burg. So setzte die Stadt 1394 bei Wenzel IV. den Abriß der Brücke durch, die die alte Burg mit der sog. Wenzelsburg verbunden hatte. Die Wenzelsburg war von König Wenzel II. Ende des 13. Jhs. auf dem gegenüberliegenden Ufer der Eger erbaut worden. Diese Burg wurde dann während des Dreißigjährigen Krieges vernichtet.

Von der zweiten Hälfte des 13. Jhs. an, nach dem Tode Konradins, kam es zum Verfall der kaiserlichen Macht. Eger war abwechselnd im Besitz der böhmischen und der deutschen Herrscher, bis die Stadt 1322 endgültig ein Bestandteil der böhmischen Krone wurde. Zu größeren baulichen Umgestaltungen kam es nach der Feuersbrunst i.J. 1472. Außer dem bereits erwähnten Fachwerkaufbau des Palas und dem Wirtschaftsgebäude wurden die Befestigungen wiederhergestellt und durch die Wehrtürme, den Mühl- und den Felsenturm ergänzt. Nach 1652 erfolgte die Umwandlung der Burg in eine Zitadelle; ferner wurde sie mit einer Ziegelschanze einschließlich Kasematten ummauert. Bereits vo der Mitte des 17. Jh. an begann der Wohnbau des Palas zu verfallen und fand, wie auch die Kapelle als Munitionslager Verwendung. Die oftmals wiederholte Behauptung, die Burg sei bei der Belagerung in den Jahren 1742-43 vernichtet worden, ist nicht nachweisbar. Bereits vorher, im Jahre 1740 mußte der halbverfallene Fachwerkaufbau des Palas niedergerissen werden, weil die Burg praktisch überhaupt nicht instand gehalten worden war. Ebenso nahm man wegen Geldmangels bereits 1729 von der geplanten Generalreparatur Abstand. Nach der Demolierung des Daches war es deshalb nur noch eine Frage der Zeit, wann der Palas zur Ruine werden würde. Auch als die Burg nach 1895 der Stadt zugefallen war, reichten die durchgeführten Teilreparaturen nicht zu ihrer Rettung aus.

Zusammenfassung der Daten:

9. Jh. slawische Wallburg

1125 - erste steinerne Burg

1179 - erster Aufenthalt Friedrich Barbarossas

1179 – 1189 Bau von Palas und Schwarzem Turm

1180 – 1230 Bau der Kapelle 1183 erste Nennung der Kaiserburg

1472 - Burgbrand

1475 – 1490 Anbau des Wirtschaftsgebäudes, Fachwerkgeschoß

1599 - Übernahme der Burgpflege durch die Stadt

1652 - Anfang des Festungsbaues

1675 – 1700 Einbeziehung der Burg in die Stadtbefestigung

1736 - Zerstörung des Kapellendaches

1740 - Dachstuhl des Palastes abgetragen

1759 - neues Kapellendach

1774 - Anbau des Schwarzen Turmes

1806 – 1826 Renovierungsarbeiten an der Kapelle

1911 - archälogische Grabungen durch J.E.Jonas

1932 – 1933 Grabungen durch O. Schürer und A. Gnirs

1962 – 1964 die äußere Burgwallanlage entdeckt

1973 – systematische Grabungen des Egerer Museums

(Boháč 1978)
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Kunst 1992

Die Kaiserpfalz Eger

Das Bauwerk, das die Stadt Eger in ihrer Entstehung und in ihrem Werden entscheidend prägte und bestimmte, ist die staufische Kaiserpfalz. Noch heute beherrscht der mächtige Bau, schon zur Ruine verfallen, oben auf dem Burgfelsen über der Flußbiegung das Gesicht der Stadt mit dem trutzigen Wehrturm, der noch immer gewaltigen Palasruine und dem geschlossenen Kubus der Doppelkapelle. Es ist das einzige bedeutende Bauwerk der staufischen Kaiserkunst auf böhmischem Boden und nimmt als solches eine architektonische Sonderstellung in diesem Gebiet ein, da dort zu dieser Zeit noch das geistige Klima für vergleichbar ausgereifte architektonische Leistungen fehlte. Baugeschichte – Forschungsstand Wie wir durch archäologische Grabungen wissen, die erstmals 1911 von Julius E. Jonas, 1932 und 1933 von OSKAR SCHÜRER und ANTON GNIRS und zuletzt 1962-1964 von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt wurden, entstand die Kaiserpfalz an der Stelle einer älteren Burganlage, die der mächtige Markgraf Diepold II. vermutlich zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichten ließ. Auf dem strategisch wichtigen Felsen im natürlichen Zentrum des Egerer Beckens diente sie dem Schutz des um diese Zeit von Bayern aus neu erschlossenen Kolonisationsgebietes. Gräberfunde im Bereich der heutigen Kapelle weisen zudem auf eine frühere, slawische Besiedlung des Felsens hin, die auf Grund der stilistischen Merkmale der gefundenen Schmuckbeigaben vom 10. bis in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren ist. Die jüngsten Grabungen, die sich auf das Gebiet außerhalb des staufischen Burgbereiches konzentrierten, ergaben darüber hinaus, daß bereits im 9. Jahrhundert eine erste Wallburg bestanden haben muß, die aus nicht bekannten Gründen an der Wende zum 11. Jahrhundert abgebrannt wurde, um einer zweiten slawischen Burg Platz zu machen. Unter Friedrich Barbarossa gewann die „regio Egere“ in ihrer Kopfstellung zu Böhmen politisch und strategisch große Bedeutung in der staufischen Hausmachtpolitik, was sich im Bau einer Handelsstraße von Nürnberg nach Eger und im verstärkten Schutz der Region durch den Ausbau von Burganlagen niederschlug. Friedrich Barbarossa begann im bewußten Rückgriff auf die Tradition Karls des Großen die Macht seines Imperiums wieder durch die Gründung repräsentativer Pfalzen zu manifestieren. Sie konzentrieren sich im wesentlichen auf zwei Hauptachsen, die im Egerer Becken keilförmig aufeinander zulaufen. Da es sich hier gleichzeitig um eines der wichtigsten Eingangstore nach Böhmen handelte, baute Barbarossa die alte Markgrafenburg, die bereits nach dem Tod Diepolds II. mit dem neuen Markgrafen Geb-hard von Sulzbach der staufischen Hausmacht zugefallen war, zur monumentalen kaiserlichen Pfalzanlage aus. In ihrer wichtigen Grenzposition zu Sachsen und den böhmi-schen Nachbarn war sie als Schutzfestung Richtung Osten und als herrschaftlicher Ort zur Abhaltung kaiserlicher Hoftage von besonderer Bedeutung. Die genaue Erbauungszeit der Kaiserpfalz ist urkundlich nicht belegt und gab in zahlreichen Publikationen immer wieder Anlaß zu neuen Datierungen, die vor allem in bezug auf die Kapelle bis zu 100 Jahre auseinanderlie-gen. Die früheste Datierung stammt von J. E. Jonas, der 1911 die ersten Ausgrabungen auf der Burg leitete. Er vermutet, daß die Arbeiten bereits 1153 begonnen waren, als sich Friedrich Barbarossa von seiner ersten Gemahlin Adele, der Tochter des Markgrafen Diepold II., scheiden ließ und die angeheirateten Güter, wie er meint, gegen alle Gewohnheit behielt. Tatsächlich geriet die „regio Egere“ jedoch erst 1167 in den Besitz Barbarossas, und zwar als Teil des Erbes seines Vetters Friedrich von Rothenburg, der sie nach Gebhard von Sulzbach erhalten hatte. Dieses Datum setzten BERNHARD GRUEBER und HEINRICH GRADL als Beginn des Baus, den sie bereits 1179 fertig wähnen. In diesem Jahr ist Friedrichs erster Aufenthalt auf der Burg urkundlich belegt, als er zur Schlichtung der Grenzschwierigkeiten zwischen den Herzögen von Böhmen und Österreich und zur Einweihungsfeier der Zisterzienser-Klosterkirche Waldsassen anreiste.“ Bei seiner Hochzeit mit Adele von Vohburg,1149, berichten die Chronisten, nächtigte er noch im Rathaus der Stadt. Oskar Schürer, der ausführlichste Monograph der Pfalz, schließt aus den politischen Gegebenheiten auf einen späteren Baubeginn. Erst Ende der siebziger Jahre nämlich ergab sich nach seiner Meinung die politische Notwendigkeit einer Pfalzgründung aus dem Span-nungsverhältnis des Staufers zu Böhmen und zu Heinrich dem Löwen, so daß ein Baubeginn nach 1179, nach Fried-richs erstem beglaubigtem Aufenthalt, wahrscheinlich er-scheint. Zu diesem Zeitpunkt konnte ihm ein Pfalzenbau an dieser Stelle aus eigenem Anschauen heraus als not-wendig erschienen sein. Wie PAUL BUBERL vermutet, dürfte das auch die unterschiedliche urkundliche Benennung des Ortes erklären, der 1179 noch „in curia sua apud Eg(a)ram“ (in seinem. Hofe an der Eger) genannt wird – was sich vermutlich auf die vorher dort bestehende Burg seines Schwiegervaters Diepold II. bezog – und der 1183, beim zweiten Aufenthalt Friedrichs, schon „castrum im-peratoris Egere“ heißt. Bei diesem Aufenthalt empfing Bischof Konrad von Lübeck die Investitur. Der überzeu-genden Datierung Schürers schließen sich neben P. Buberl auch die wichtigsten anderen Autoren an: FERDINAND VON QUAST, GOTTFRIED SCHLAG, ERICH BACHMANN, VÁCLAV MENZL, EVA ©AMÁNKOVÁ UND ANE®KA MERHAUTOVÁ. Sie entspricht auch dem Zeitraum, in dem die meisten Pfalzen Barbarossas gegründet wurden. Bezüglich der Fertigstellung gehen die Meinungen jedoch wieder auseinander. E. ©amánková vermutet, daß 1183 bereits die gesamte Anlage fertiggestellt gewesen sei, P. Buberl glaubt, nur der Palas und die Unterkapelle. Es scheinen uns diese vier Jahre eine sehr kurze Bauzeit auch für einen kaiserlichen Bauherrn zu sein, so daß wir gemeinsam mit O. Schürer, E. Bachmann und G. Schlag annehmen, daß der Palas erst beim dritten und letzten Aufenthalt des Kaisers auf der Burg, 1188, fertiggestellt war. Dafür – als Terminus post quem – spricht, daß Friedrichs bedeutender Sohn Heinrich VI. Eger seit 1189 zu seinem Weihnachtsdomizil machte. Die Bauzeit des Palas wäre danach von 1179-1188 anzusetzen, wobei O. Schürer je-doch vermutet, daß der Innenausbau erst unter Heinrich VI. fertiggestellt wurde. Der archaische Schwarze Turm mit seinen Buckelquadern gab lange Zeit Anlaß für die phantastischsten Hypo-thesen. Man sah darin ein Werk der Römerzeit, einen ottonischen Bergfried oder ein Relikt der alten Markgrafenburg. Erst die 1932-1933 ausgeführten Grabungen konn-ten Klarheit über diese Frage geben. Sie legten nämlich mit den Fundamenten zweier Rundtürme und einer materialgleichen Verbindungsmauer die östlichen Außenmauern der markgräflichen Burg frei. Da nun der Schwarze Turm den südlichen Rundturm teilweise überschneidet, muß er nach ihm, das heißt als Teil der Stauferburg, errichtet worden sein und ist somit zeitgleich mit dem Palas zu setzen. Tatsächlich ist der Buckelquader ein ausgesprochenes Charakteristikum staufischer Burgen. Wie H. M. MAURER in einer entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung dieser scheinbar „primitiven“ Bauform überzeugend darlegt, wurde sie in der Stauferzeit als bewußtes psychologisch-ästhetisches Stilelement eingesetzt, um die Trutzhaftigkeit und das ritterliche Selbstbewußtsein der Bauherren zum Ausdruck zu bringen. Das natürlichfelsenhafte Aussehen sollte das biblische Bild des „auf Fels Gegründeten“ suggerieren. Hinter diesem Gesichtspunkt scheinen in dieser Zeit bereits die ehemaligen praktisch-wehrtechnischen Aspekte zurückgetreten zu sein. P. Buberl setzt die Entstehungszeit des Schwarzen Turms sogar noch nach dem Palas an. Er schließt aus dem Material, dem in Deutschland unüblichen vulkanischen Basaltgestein, daß erst Friedrich II. als Bauherr in Frage käme. Dieser hat in Sizilien ähnlicheTürme als Torwehr zu seinen Burgen aus dem Lavagestein der dortigen Vulkane errichten lassen, und erst ihm traut Buberl zu, das harte Gestein des Kammerbühls als Baumaterial entdeckt zu haben. Dem ist entgegenzuhalten, daß es sicher nicht eines an Vulkangestein gewöhnten Bauherrn bedurft hat, um den damals noch auffälligen, weil kahlen und höheren Kammerbühl als Steinbruch zu entdecken. Am schwierigsten und widersprüchlichsten ist die Datierung der Doppelkapelle, welche zwei stilistisch unterschiedliche Innengeschosse in einem ganz einheitlichen Außenbau vereinigt. Da es sich hier im wesentlichen um ein stilistisches Problem handelt, soll es in einem betreffenden späteren Kapitel eingehend erläutert und gewertet werden, während an dieser Stelle nur das Spektrum der verschiedenen Ansichten besprochen sei. Bezüglich des Baubeginns zeigte O. Schürer, daß sich Palas und Kapelle in der Mauertechnik und in ähnlichen Basenornamenten entsprechen, so daß sie das Werk ein und derselben Bauhütte sein müssen. Er vermutet jedoch auf Grund des schon fortschrittlicheren Rahmengefüges am Kapellenaußenbau und dem weiterentwickelten plastischen Formenschatz der Kapelle für sie einen etwas späteren Baubeginn, was der logischen Überlegung entspräche, daß man mit den Bauten des Burgberings und den Wohngebäuden begann und dann mit der übrigen Hofbebauung weiter fortfuhr. Der Baubeginn wäre demnach etwas nach 1179 anzusetzen. Die ältere Forschung mit G. Schlag und F. v. Quast setzt Ober- und Unterkapelle in die gleiche Entstehungszeit, vermutet aber, daß 1270 beim großen Stadtbrand die ursprünglich rein romanischen Gewölbe der Oberkapelle einstürzten und später durch das dann zeitgemäße gotische Gewölbe ersetzt worden seien, wobei man die Säulen übernommen und durch hohe Sockel dem neuen Raumideal angepaßt habe. O. Schürer setzte dagegen, daß in diesem Fall die stilistisch auf das 12. Jahrhundert weisenden Kapitelle Brandspu-ren zeigen würden und der spitze Chorbogen eine Baunaht hätte. Tatsächlich gibt es keinen archivalischen Hinweis darauf, daß die Burganlage durch den Brand betrof-fen war. Schürer schließt aus ähnlichen Stilmerkmalen in Ober- und Unterkapelle für beide auf eine Gesamtplanung und eine ausführende Bauhütte, deren Arbeit sich jedoch in zwei Etappen vollzogen habe, in deren zweiter jüngere Kräfte die neuen Formen eingebracht hätten. Die erste Bauetappe setzt er von 1180 -1190 an und die zweite, nach einer baulosen Zeit, die er mit den innenpolitischen Wirren nach dem Tode Heinrichs VI. erklärt, in die gefestigte Herrschaftszeit unter Friedrich II., von etwa 1215-1225. Der Terminus post quem ergibt sich ihm aus dem allerdings ungesicherten Baubeginn der romanischen Niklaskirche als stilistischem Nachfolgebau. Be-reits P. Buberl geht 1942 von dieser Ansicht ab, indem er den ganzen Bau einschließlich der oberen Wölbung um 1213 ansetzt. Am 12. Juli dieses Jahres wird die Kapelle erstmals genannt, als dort die wichtige Urkunde ausge-stellt wurde, in der sich Friedrich II. verpflichtete, die Besitzungen und Rechte der römischen Kirche zu wahren. Sie wird „in capella in castro Egre“ besiegelt, gleichzeitig mit der berühmten goldenen Bulle „data apud Egram“. Dieser Staatsakt, zu dem die wichtigsten geistlichen und weltlichen Würdenträger aus dem ganzen Reich angereist waren, dürfte schwerlich in einer im Bau befindlichen Kapelle oder in einer für die Dienerschaft bestimmten Un-terkapelle stattgefunden haben, was für eine Vollendung des Gesamtbaus zu diesem Zeitpunkt spricht. Das frühe Vorkommen gotischer Formen erklärt Buberl mit dem Einfluß der Zisterzienser des nahen Klosters Waldsassen, wobei er so weit geht, den ganzen Bau der dort tätigen Bauhütte zuzuschreiben. Die neuere tschechische Literatur und auch E. Bachmann kommen auf dieselbe frühe Datierung und gehen sogar noch über sie hinaus. E. ©amánková vermutet den ganzen Bau schon 1183 vollendet, gibt aber als Erklärung nur eine nicht näher bezeichnete Quelle von 1187 an, die bereits einen Kapellenkaplan erwähne. A. Merhautová setzt die Baubeendigung kurz nach 1189 an. Sie stützt sich dabei zunächst auf die historischen Fakten. Ausgehend von der Bevorzugung des Ortes als Weihnachtsquartier Heinrichs VI. geht sie davon aus, daß er dieses Fest an einem Ort mit benutzbarem Kapellen Heinrich VI. mit dem Herzogtum Böhmen belehnt hatte, häufig auf der Kaiserpfalz weilte und 1197 auf eigenen Wunsch schwerkrank zum Sterben dort hingebracht wurde. Sie bezweifelt, ob er das an einem Ort ohne geeigneten geistlichen Raum getan hätte. Diese historischen Aussagen sind nur sehr bedingt verwertbar für die Datierung des Baus, denn sie lassen viel Spielraum für etwaige andere Erklärungen. So mag in dem möglicherweise weiterverwendeten Vohburger Palas eine Kapelle bestanden haben, die man bis zur Fertigstellung der neuen benützt hat. Eine andere Erklärung ergibt sich aus der These, die FRITZ ARENS angesichts zweier Kreuzreliefs am Doppelfenster westlich des Kaisersaales des Palas äußerte. Er vermutet hier eine zusätzliche kleine Hauskapelle zwischen Saal und kaiserlichen Wohngemächern, womit dem bischöflichen Anspruch sicher-lich Genüge getan war, insbesondere, da es ihm bei die-sem Aufenthalt nachweislich um seinen Schutz ging. Wenn die historischen Fakten nicht greifen, müssen wir uns auf die stilistischen stützen. Das tut A. Merhautová in einer vergleichenden Architekturstudie. Sie kann aber für ihre frühe Datierung der stilistisch weiterentwickelten Formen nur Vergleiche in Frankreich finden, das in der Entwicklung des gotischen Baustils dem Norden um mindestens 60 Jahre voraus war. Eine Erklärung, wie diese Formen so früh nach Eger kommen konnten und warum sie gerade für den Bau der Doppelkapelle Anwendung fanden, bleibt sie schuldig, so daß hier eine neue Untersu-chung ansetzen muß, wie sie am Ende dieses Beitrags ver-sucht wird. Geschichte der Kaiserpfalz in nachstaufischer Zeit Bis zum Ende der Stauferzeit 1266 blieb die Pfalz Eger im Zentrum der Reichspolitik mit zahllosen kaiserlichen Aufenthalten und Fürstenzusammenkünften, zumal sie unter Friedrich II. in ihrer strategischen Keilposition im Burgensystem entlang der Ostgrenze des Reiches besondere Bedeutung erlangte. 1267 fiel sie an Premysl Ottokar als Heiratsgut seiner Mutter, doch erst 1322 ging sie als Pfand definitiv an die böhmische Krone. Nun, da der kaiserliche Glanz vorbei war, sank ihre Bedeutung stetig. Die Stadt, die sich auch in der Pfandschaft ihre reichstäd-tische Sonderstellung bewahrte, war von nun an bemüht, die Burg in ihren Zuständigkeitsbereich zu ziehen, faßte sie Ende des 14. Jahrhunderts in ihren Festungsgürtel mit ein und ließ 1394 die Egerbrücke, die einen eigenen Zugang zur Burg ermöglicht hatte, abreißen. Der überflüs-sig gewordene Halsgraben zur Stadt wurde daraufhin zur Bebauung durch Bürger freigegeben; Stadt und Burg schmolzen ineinander. Im nun einsetzenden Wechsel der Zuständigkeiten scheint die Burg langsam heruntergekommen zu sein. So wird bis 1400 von keiner Bautätigkeit mehr berichtet. Erst von König Sigismund wissen wir, daß er der Stadt, die zu dieser Zeit schon als Burgpflegerin auftritt, eine relativ geringe Geldsumme bewilligte, die vermutlich zu Ausbesserungsarbeiten verwendet wurde. 1437 stellte er selbst die Baufälligkeit und unzulängliche Bewohnbarkeit der Burg fest und bewilligte ihre Wiederherstellung, über deren tatsächliche Ausführung uns aber nichts bekannt ist. O. Schürer vermutet, daß in dieser Zeit möglicherweise schon ein Fachwerkobergeschoß errichtet wurde. 1472 muß ein großer Brand die Burg und die angrenzenden Viertel von der Johanneskirche bis zum Mühltor verwüstet haben, über dessen Schädigung der Chronist genau berichtet: “ .. also das die eyn seit bei sant Jo-hanns bis an das mültor gar abgeprannt ist, darzu auf den purckgraben, hinumb auch die ganz vorburgk vber all, darzu das Slos ganz vnd gar aus, auch der thurn auf dem Slos, vnd oben in der capellen hatten sie es erlescht, aber die ober Sacristei hat gepronnen … “ Nach diesem Brand ist eine rege Bautätigkeit auf der Burg belegt unter der Leitung des Burgpflegers und des Stadtrates. Sie war mit einem Neuausbau der Stadtbefestigung unter dem Stadtbaumeister Erhart Paur verbunden. 1475 -1490 wurde der Palas wiederhergestellt und durch zwei Fachwerkgeschosse (Arbeiten am „Uiberschuhs“ und am „Czymer“) erhöht, die auf alten Stadt-ansichten deutlich zu erkennen sind mit ihrem hohen Dach und ihren kleinen Fenstern. Das westlich an den Palas anschließende alte Wirtschaftsgebäude, das der Brand ebenfalls zerstört hatte, wurde 1485 durch ein einstöckiges Haus ersetzt, das sogenannte „Kuchlhaus“ (auch „kuchlbau“ genannt). Der Kapelle, in der, wie der Chronist berichtet, der Brand gestoppt werden konnte, wurde 1475 ein hundert-tägiger Ablaß gewährt. Sie erhielt nach dieser Ein-nahme ein neues Satteldach mit einem spitzen Dachreiter, und auch der Schwarze Turm wurde wiederhergestellt, durch ein Bruchsteingeschoß aufgestockt und durch ein steiles Satteldach bekrönt, das wie viele andere Türme der Stadt zu dieser Zeit durch polygonale Ecktürmchen umringt wurde. Im Zuge der neuen Stadtbefestigung erhielt auch die Nordseite der Burg mit dem Mühlturm und dem im 19. Jahrhundert abgetragenen Felsenturm eine stärkere Befestigung. Für die nächsten 100 Jahre ist keine Bautätigkeit auf der Burg überliefert. Am 7. Januar 1567 fand der letzte Gottesdienst in der Kapelle statt, die seit 1448 noch viele Meßstiftungen von Egerer Bürgern erhalten hatte, aber jetzt nach Einführung der lutherischen Lehre ihre Bedeu-tung verlor. Für die nun schon sehr baufällig werdende Burg sind vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Dreißigjährigen Krieg immer wieder kleinere Gelder für Wiederherstellungsmaßnahmen bewilligt worden. Danach jedoch muß die Verwahrlosung rapide fortgeschritten sein, denn als 1634 Wallenstein mit seinen Gefolgsleuten nach Eger kam, scheint die Burg als Quartier schon nicht mehr repräsentativ gewesen zu sein, so daß er im Stadt-haus abstieg, wo ihn nachts die Mörderhand traf. Seine Offiziere waren im Haus des Burgpflegers Gordon, dem „Kuchlhaus“, untergebracht und wurden im Erkerzimmer des ersten Stockes überwältigt. Nach diesem Mord scheint das Haus allgemein gemieden worden und lang-sam verfallen zu sein. Mit der Burg sank auch die Stadt in die politische Bedeutungslosigkeit, so daß ihr als Verwalterin die Kraft fehlte, sie in ihrem architektonischen Bestand zu bewah-ren oder gar mit neuer Bedeutung zu füllen. Als Eger im 17. Jahrhundert unter Ferdinand III. zur barocken Festungsanlage mit Stoßrichtung gegen das Reich ausgebaut wurde, hatte die Burg nur noch Wehrfunktion, an der nun alle Bauten gemessen wurden. So mußte das bereits baufällige „Kuchlhaus“ dem mächtigen Kasemattenbau weichen, der 1675-1700 die stolze Stauferburg ummantelte und erstickte. Der Schutt aus dem neu ausgehobenen Wehrgraben wurde in den Burghof ge-kippt, wo er die Sockel der Gebäude verschluckte. An der Westseite, über der Ruine des alten Kuchlhauses, häufte man ihn zu einer Schanze an, Palasturm und Kapelle verkamen zu Munitionsdepots, und nur mit Not konnte 1702 der geplante Neubau eines Zeughauses auf dem Gelände verhindert werden, der den Abriß aller Gebäude vorausgesetzt hätte. Statt dessen ordnete Kaiser Leopold Repa-raturen an den Burggebäuden an, um sie so als Munitions-depots (Turm und Kapelle) und Zeughaus (Palas) zu erhalten. Als 1736 ein Sturm das Kapellendach wegfegte, dauerte es 23 Jahre, bis ein neues bewilligt war, das uns dieses Kleinod bewahrte, während man am Palas 1740 den Dachstuhl abtrug und so sein Fachwerk dem schnellen Verfall aussetzte. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ragten nur noch die Außenmauern in den Himmel. So blieb den Restauratoren, die sich 1806 und 1826 der Burg annahmen, nur mehr die Erhaltung der Doppelkapelle. Doch auch sie war in der Zeit des Biedermeier nochmals gefährdet durch den grotesken Plan, sie abzureißen und im neuerbauten Kurbad Franzensbad alsTouristenattraktion wieder aufzubauen; eine besonders schillernde Blüte eines falsch verstandenen Historismus im 19. Jahrhundert. Gott sei Dank scheiterte dieses Vorhaben am mangelnden Geld. Der Schwarze Turm verdankt seine Erhaltung der massiven Bauweise und dem harten Baumaterial. Das heutige oberste Ziegelgeschoß mit Plattform und Zinnenkranz entstand erst 1774. 1827 wurde der Felsenturm abgerissen. Seit 1934 war der Burghof Schauplatz der Wallenstein – Festspiele, die das stolze Gemäuer mit neuem Leben füllten. Heute ist in dem südlichen Kasemattenbau ein Mu-seum eingerichtet, in dem die Ergebnisse und Funde der großen archäologischen Ausgrabungen gezeigt werden. Hier sind unter anderem auch romanische Grabungsfunde aus der Stadt zu sehen, die uns noch beschäftigen werden. Die Anlage Da die Kaiserpfalz nicht als Neubau entstand, sondern, wie wir sahen, an einen bereits bestehenden Bau anknüpfte, ist für ihre bauhistorische Beurteilung die Kenntnis der vorhergehenden Burganlagen von großer Bedeutung. Deren Lage und Umfang ist bei den archäologischen Untersuchungen dieses Jahrhunderts relativ genau bestimmt worden. Die erste slawische Burganlage muß sich, wie die jüngsten Grabungen zeigten, vom Felsabfall bis zur heutigen Rosen- und Mühlgasse erstreckt haben, wo sie durch Gräben und einen Wall mit Wehrumgang halbkreisförmig umschlossen war. Überreste eines Tores fanden sich am Johannesplatz. Ein weiterer Zugang muß durch einen Hohlweg an der Stelle der heutigen Ameneigasse vom Fluß aus direkt in den Burghof geführt haben. Der Kern der Burganlage befand sich vermutlich in der nordwestlichen Ecke, an der ehemals höchsten Stelle des Geländes. Die Anlage der Diepoldschen Burg hat O. Schürer aus den Befunden der Grabungen von 1911, 1932 und 1933 sowie durch vergleichende Analysen zu rekonstruieren versucht: Der bei frühmittelalterlichen Burgen aus fortifikatorischen Gründen traditionell klein gehaltene Burgring umfaßte nur die Westhälfte der heutigen Anlage. Der östliche Teil scheint die Nekropole der früheren slawi-schen Burg gewesen zu sein, die man unbebaut ließ. Hier fanden sich mehrere slawische Grabstellen. Diese relativ ungeschützte Seite bewehrten zwei Rundtürme: an der südlichen Ecke der eine, an der Stelle des Schwarzen Tur-mes; der andere an der Nordseite, etwas nach innen versetzt. Sie waren bereits in Stein errichtet, was für die architektonische Bedeutung der Markgrafenburg spricht, da damals der Burgenbau aus Stein in Böhmen noch nicht üblich war. Der Wohntrakt muß sich entweder, wie ver-gleichbar in Burg Saaleck, zwischen den Türmen an der unrepräsentativen Westseite befunden haben oder, was wahrscheinlicher ist, direkt über dem nördlichen Felsen an der Stelle des späteren „Kuchlhauses“. Das würde die nach innen versetzte Stellung des Südturms erklären wie auch den schrägen Westabschluß des staufischen Palas, der möglicherweise an den alten Burgpalas angebaut wurde, so daß dieser noch als Kemenatenbau weiterver-wendet werden konnte. Ein Zwinger lief vom Eingang am späteren Mühlentor um die Nord- und Westseite der Burg bis zum Eingangstor an der Südwestecke. Eine steinerne Ringmauer führte rundum, längs den Hängen bezie-hungsweise dem tiefen Halsgraben im Süden, und um-faßte die Türme nach außen hin. Die staufische Anlage Unter Friedrich Barbarossa wurde die vorgefundene Anlage um das Doppelte erweitert, auf ein annähernd rechteckiges Areal von 97 m x 63 m, das nun den ganzen Burgberg einnahm, so daß sich nach drei Seiten hin ein Felsabfall ergab, der vermutlich im Westen und Norden durch eine Basaltquadermauer befestigt war. Wie auf der Stadtansicht Egers von Caspar Hofreuther aus dem Jahr 1546 deutlich zu ersehen ist, muß sie von ähnlicher Machart gewesen sein wie der Schwarze Turm. In der Legende eines Planes der Burg, der 1672 vor ihrer Ummantelung durch Kasematten erstellt wurde, ist sie als „Mauer von schwärzlichen Quadersteinen“ vermerkt. Die Grabungen von J. E. Jonas ergaben, daß sie sich noch immer unter den barocken Kasematten befinden muß. Neben diesen so befestigten natürlichen Wehrflanken verblieb nur die Südseite zur Stadt hin als ungeschützte Angriffs-seite. Sie wurde durch einen breiten, ausgefütterten und burgseitig zur Schildmauer hochgezogenen Halsgraben und einen in die Mauer eingreifenden, übereck gestellten Bergfried befestigt. Neben ihm dürfte das staufische Ein-gangstor gelegen haben, das ebenso wie die Schildmauer der Barockbefestigung weichen mußte. Neben der fortifikatorischen Funktion hatte die neue Pfalzanlage mit Sicherheit auch eine repräsentative Aufgabe. Friedrich Barbarossa pflegte seine Pfalzen stets auf alten feudalherrschaftlichen Burganlagen zu errichten, deren Bedeutung als Macht- und Wehrplatz er übernahm. Darüber hinaus orientierte er sich jedoch am Vorbild Karls des Großen, dessen Pfalzen sich als Ausdruck seiner imperialen Herrschaft frei entfaltet hatten. Wie der alte Feudalgedanke in die neuerstarkte Reichsidee vom Impe-rium Romanum bei Friedrich Barbarossa einging, so verband sich nun der Wehrcharakter der übernommenen Burganlagen mit dem künstlerischen Ausdruck neugewonnener Macht. Die Anlagen werden größer, bilden stattliche Saal- und Wohntrakte sowie als Ausdruck des theokratischen Herrschaftsanspruchs prächtige Doppelkapellen aus, drängen diese jedoch in den Burgbering, an den Rand der Anlage, wodurch die harmonische Ausgewogenheit der Einzelbauwerke der karolingischen Pfalzen verlorengeht. Auch die Pfalz Eger ist als eine solche Randhausburg angelegt. In ihr prägt das Verschmelzen von Wehr- und Re-präsentationsbedürfnis jeden einzelnen Bau wie auch die Gesamtanlage: Gewaltig droht der Schwarze Turm nach Süden und gewinnt gleichzeitig in Verbindung mit dem Eingangstor Repräsentationscharakter. Seine Stellung in der Mitte der Schildmauer ist als Verteidigungsposten optimal gewählt, versteht sich aber im Zusammenhang mit dem Torbau auch aus dem Bestreben, einen herrschaftlichen Zugang von der Stadt her zu schaffen, der direkt axial auf Fassade und Eingangstor des Palas ausgerichtet ist. Dieser steigt machtvoll über dem nördlichen Burgfelsen auf und ist an zwei Seiten – im Osten und im Norden – identisch mit den Außenmauern der Burg. Durch die Macht seiner Mauern erhält er so Wehrcharak-ter, manifestiert sich aber gleichzeitig durch die Pracht sei-ner Arkaden als Residenz. Die Lage dieses reinen Wohn -und Versammlungsgebäudes ist an der geschützten Nord-seite strategisch klug gewählt, versteht sich aber auch als Schaufassade zur Handelsstraße hin. In seiner Eckposi-tion verklammert er Nord- und Ostseite der Anlage und ist beherrschend direkt auf die von Norden kommende Handelsstraße und die Furt über die Eger ausgerichtet. Der kubisch geschlossene Baukörper der Kapelle schließlich verbindet im Burgbering Palas und Wehrturm optisch miteinander zur symbolischen Dreiheit weltlicher, geistlicher und wehrhafter Macht. Hier wird der in der Burg ausgebildete Typus der turmartigen Doppelkapelle übernommen, in welchem sich der theokratische Gedanke gleichsam sublimiert hat. Durch die enge Stellung neben dem Palas festigt die Kapelle optisch dessen schmale Stirnseite. Gleichzeitig wurde dem Kaiser so der direkte Zugang zum Herrschaftsgeschoß seiner Kapelle über eine Holzgalerie ermöglicht. Dabei nahm man in Kauf, daß die Südseite des Thronsaales unbelichtet bleiben mußte und zur Ausbildung einer hofseitigen Prachtfassade nicht zur Verfügung stand. Weitere Bauten im Burgbering waren, so vermutet O. Schürer, im leicht abgewinkelten westlichen Anschluß an den Palas, die ehemalige markgräfliche Burg als Wirtschaftsgebäude sowie – an der Westmauer – die Stallungen und Wohnhäuser der Dienstmannen. Die letzteren waren vermutlich, wie allgemein üblich, aus Holz errichtet, so daß sie sich nirgendwo erhalten haben. Da den Kapellenbau von der Nordostecke über die Nord- und Westseite bis zur Mitte der Südwand in etwa 3 m Höhe auffallende Kragsteine aus Granit umlaufen, nahm man allgemein an, hier habe die Verbindungsgalerie vom Palas zum Westportal der Herrschaftskapelle aufgelegen und sei möglicherweise zu einem im Süden anschließenden Gästehaus weitergeführt worden. Bei den Grabungen von 1911 fanden sich jedoch keine Fundamente eines weiteren Baus, es wurden vielmehr die primitiv geschichteten Steinauflager vermutlich hölzerner Stützsäulen freigelegt, die sich in einem Abstand von 2,5 m von den Kapellenwänden parallel zu den Kragsteinen befinden und auch nach deren Aussetzen weiter rings um die Kapelle führen. Daraus ergab sich für J. E. Jonas die These, daß die ursprüngliche Galerie zwischen Palas und Kapellenportal aus Holz gewesen sein muß und man die heutigen Konsolen erst im 15. Jahrhundert in die Wand eingefügt habe, um einen relativ primitiven Gang zu stützen, der bis zur Burgmauer auf Holzpfosten weitergeführt worden sei, um zu einer Zeit, als der Burg schon verstärkte Wehrfunktion in der Stadtbefestigung zukam, den Palas mit dem Wehrgang auf der Mauer zu verbinden. Die späte Datierung der Kragsteine begründet er mit deren geringem Verwitterungsgrad im Vergleich mit den Lisenen und mit der Tatsache, daß eine aufliegende Galerie das südseitige Eingangsportal zur Unterkapelle so überschnitten habe, wie es nur einer rein wehrtechnisch orientierten Bauphase zuzutrauen sei. Diese Theorie erklärt jedoch nicht das Aussetzen der Kragsteine in der Hälfte der Wand. Wozu der Aufwand kunstvoll eingesetzter Steine, wenn sie nicht rundherum weitergeführt sind? Da ist es überzeugender, sie als ursprünglich zu betrachten und ihre geringe Verwitterung mit dem Schutz der aufliegenden Galerie zu erklären. Das Südportal könnte diese treppenartig umgangen haben, ähnlich wie sie vermutlich an der Westseite zum höhergelegenen Portal der Oberkapelle führte. Der Grund für das Weiterführen der Galerie bis zum Südportal bleibt jedoch leider ungeklärt.

(Kunst 1992,12-19)
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Katalog 1994

Friedrich Barbarossa, der in bewußtem Rückgriff auf die Tradition Karls des Großen die Macht seines Imperiums wieder durch die Gründung repräsentativer Pfalzen manifestierte, ließ 1179 nach seinem ersten Aufenthalt in Eger den Bau beginnen. 1183 wird der Ort dann schon „castrum imperatoris“ genannt. Barbarossa weilte dreimal in Eger, zuletzt 1188. Die Fertigstellung der Pfalz scheint dann erst unter seinem Sohn Heinrich VI. und seinem Enkel Freidrich II. realisiert worden zu sein, die häufig in Eger weilten. Bis zum Ende der Stauferzeit blieb die Pfalz ein Zentrum der Reichspolitik, behielt aber auch später noch ihre Bedeutung als Ort für Zusammenkünfte zwischen Ost und West. Fast alle Pfalzen Friedrich Barbarossas sind auf alten Burganlagen errichtet, deren Bedeutung als Macht- und Wehrplatz sich jetzt mit einem repräsentativen Anspruch verband. So wurde die Burg Diepolds III. nun auf das Doppelte erweitert, so daß sie das ganze Hügelareal umfaßte und sich nach drei Seiten zum Steilabfall hin frei nach außen richtete. Die Rekonstruktion der Kaiserpfalz (von Oskar Schürer) geht vom erhaltenen Baubestand aus. Wie in Burganlagen üblich, sind die Gebäude alle an den äußeren Rand gerückt. Im Norden der Palas mit einem angrenzenden Wirtschaftsbau, dessen Gestalt nicht gesichert ist; vermutlich wurde hier zunächst der Palas der Diepold´schen Burg übernommen. Daß der nur im Umriß gezeichnete Rundturm der alten Burg noch stand, erscheint unwahrscheinlich, da er im Innenhof seine Wehrfunktion verloren hatte und die übliche Ausbildung einer Hoffassade erschwert hätte. Südlich neben dem Palas die Doppelkapelle. An der südlichen Angriffsseite der über Eck gestellte Wehrturm neben dem Pfalzeingang, am östlichen Rand Stallungen und Gesindehäuser. Die Kaiserpfalz stellt den östlichen Eckpunkt der beiden Hauptlinien kaiserlicher Pfalzgründungen dar. Um 1400 Übergang in den Herrschaftsbereich der Stadt. 1487 Brand, anschließend Neubau des Wirtschaftsgebäudes, genannt Kuchelbau, Aufstockung des Palas durch ein Fachwerkgeschoß, Befestigungsverstärkung durch Mühl- und Felsenturm an der Nordseite, neue Bedachtung der Kapelle mit Dachreiter. Im 16. Jahrhundert langsamer Verfall. 1675 – 1700 Umfassung durch die Neufortifikation der Stadt, Ausbau der Südseite durch Kasematten und einen neuen Graben. 1740 Abtragung des Palasdachstuhles nach Brand, was den endgültigen Verfall zur Ruine zur Folge hatte. Das Verschmelzen von Wehr- und Repräsentationsbedürfnis prägt hier jeden einzelnen Bau, wie auch die Gesamtanlage: Gewaltig droht der „Schwarze Turm“ nach Süden, gewinnt aber in Verbindung mit dem Eingangstor Repräsentationscharakter. Seine Stellung in der Mitte der Burgmauer ist als Verteidigungsposten optimal gewählt, versteht sich aber im Zusammenhang mit dem Torbau auch aus dem Bestreben, einen herrschaftlichen Zugang von der Stadt her zu schaffen, der direkt axial auf Fassade und Eingangstor des Palas ausgerichtet ist. Dieser steigt machtvoll über dem nördlichen Burgfelsen auf und ist an zwei Seiten, im Osten und Norden, identisch mit den Außenmauern der Burg. Durch die Gewaltigkeit seiner Mauern erhält er so Burgcharakter, manifestiert sich jedoch gleichzeitig durch die Prächtigkeit seiner Arkaden als Residenz. Die Lage dieses reinen Wohn- und Versammlungsgebäudes ist an der geschützten Nordseite strategisch klug gewählt, versteht sich aber auch als Schaufassade zur Handelsstraße hin. In seiner Eckposition verklammert er Nord- und Ostseite der Anlage und scheint repräsentativ direkt auf die von Norden kommende Handelsstraße und die Furt über die Eger ausgerichtet zu sein. Der kubisch geschlossene Block der Kapelle schließlich verbindet im Burgring Palas und Wehrturm optisch miteinander zur symbolischen Dreiheit, weltliche, geistliche und wehrhafte Macht. Durch die enge Stellung neben dem Palas festligt sie dessen schmale Ostseite und macht einen direkten Zugang von dort möglich. Gleichzeitig verhindert diese Stellung jedoch die Gestaltung einer repräsentativen Hoffassade des Palas.

(Katalog 1994,13-14)
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cg100/Šebesta 1998

Die Kaiserpfalz

Die Kaiserpfalz ist der einzige Bau dieser Art in Böhmen. Sie steht an der Stelle der Grabstätte eines slawischen Burgwalls aus der Zeit zwischen dem 8. und 12. Jh.. Die Ankunft der ersten deutschen Kolonisten wird archäologisch ins erste Viertel des 12. Jh. datiert. Zu dieser Zeit wurde neben dem slawischen Reihengräberfeld eine Steinburg gebaut, von der nur Fundamente zweier mehreckiger Türme und einer 180 cm breiten Burgmauer festgestellt wurden. Dieser Bau wird mit den ersten historisch belegten Herrschern Egers, den Grafen von Vohburg, in Zusammenhang gebracht. Nachdem sie nach Diepold III. 1146 ausgestorben waren, ging Eger an das Herrschergeschlecht der Staufer über. Kaiser Friedrich I. Barbarossa ließ nach 1179 diese alte Steinburg abreißen und an ihrer Stelle eine repräsentative Pfalz errichten, die aus einem Schwarzen Turm, einem romanischen Palas und einer Doppelkapelle besteht. (Vor dem Palas wurden in den letzten Jahren einige dazugehörige Wirtschaftsgebäude gefunden.) Nach der Verpfändung der Stadt Eger an Johann von Luxemburg 1322 wurde die Pfalz zum Sitz des königlichen Burggrafen, der als Statthalter oft in Konflikt mit der Stadt, dem Zentrum des damals geschaffenen Stadtstaates, geriet. Die alte offene Pfalz wurde deshalb befestigt und zur gotischen, verteidigungsfähigen Burg umgewandelt. Der Streit der Egerer Bürger mit dem königlichen Burggrafen hat seinen Höhepunkt 1393 erreicht. Der damals regierende König Wenzel IV. berief den Burggrafen Ctimir von Zettlitz von seinem Posten ab, und den Zankapfel, die Brücke, die diese königliche Burg mit der Wenzelsburg am gegenüberliegenden Ufer der Eger verband, abbrechen ließ. Darüber hinaus gestattete er, das Festungswerk zu verbreitern und zu verstärken, so dass die Stadtmauer auch die alte Kaiserburg einschloss. Nach dem Brand im Jahre 1472 entstand der Zwinger mit der äußeren Stadtmauer, mit dem Mühl- und Felsenturm. Damals wurde der romanische Palas mit einem bewohnbaren Stockwerk aus Fachwerk erweitert, und an die Westwand des Palas wurde ein Wirtschaftsgebäude mit Erker, das sog. Kuchelhaus, angebaut. Der letzte Herrscher, der die Egerer Burg besuchte, war Georg von Podiebrad. Wegen ihrer Treue gegenüber dem Ketzerkönig verhängte der Papst über die Stadt Eger den Kirchenbann, von dem sie erst 1472, ein Jahr nach Georgs Tod, freigesprochen wurde. Seit dieser Zeit hörte die Burg auf, zeitweiliger Sitz der europäischen Herrscher zu sein. Das letzte politische Ereignis geschah hier am 25. Februar 1634, als bei einem Gastmahl im Kuchelhaus Wallensteins Offiziere Illo, Kinsky, Trczka und Neumann ermordet wurden. In den Jahren 1652 – 1673 wurde die Burg in eine militärische Festung umgewandelt und von einem Barockziegelgehäuse mit Kasematten umrahmt. Während dieses Barockumbaus verschwanden außer der Ostmauer alle gotische Objekte sowie die älteren romanischen Bauten im Westteil des Burggeländes. Noch im 17. Jh. begann der Verfall des unbewohnten, gespensterhaften Objektes, so dass im Jahre 1740 das ganze Dach samt dem Fachwerkaufbau aus dem 15. Jh. aus dem Palas abgetragen werden musste. Während der Belagerung Egers im Jahre 1742 erwies sich die fast 80 Jahre lang aufgebaute barocke Stadtbefestigung als unwirksam und auch die Burg verlor endgültig ihre strategische Aufgabe. Im 18. und 19. Jahrhundert diente sie als Abladeplatz der Erdmassen von den Wällen der abgetragenen Stadtbefestigung. Schon 1745 wurden alle Wirtschaftsgebäude an der westlichen Burgmauer abgetragen. Der ganze Westteil der Burganlage verschwand dann unter einer acht Meter hohen Zuschüttung. Zur gleichen Zeit wurde das Flussbett der Eger vor dem Sandtor begradigt, also verschwand die Biegung, die der Stadt den tschechischen Namen gab. Am 20. Oktober 1736 deckte der Sturm das Dach der Kapelle ab. Nikolaus Rustler setzte 1753 ein provisorisches Bretterdach auf. Im Jahre 1762 zerstörte der Sturmwind das Dach erneut, und so nagte 56 Jahre lang der vernichtende Zahn der Zeit an der Kapelle, diesem architektonischen Juwel. Erst 1818 ließ der Stadtkommandant, Oberst von Roll, unter dem Druck des Egerer Professors Anton Grassold die Kapelle neu mit Schindeln decken. Bis 1826 suchte man durch Restaurierungen wenigstens die Kapelle zu retten: In den beiden Stockwerken wurde ein neuer Fußboden gelegt, in der unteren Kapelle wurde vor dem Eingang eine neue zweiflügelige Treppe eingebaut, der Haupteingang der oberen Kapelle wurde zugemauert und höchstwahrscheinlich wurden auch einige beschädigte Bauelemente im Gewölbe sowie die fehlenden Kapitelle der Dienste und auf dem Triumphbogen mit Sandstein ersetzt. Weil auch die Zugbrücke abgebaut wurde, wurde das Loch für die Hubwinde im Einfahrtstor zugeschüttet. An der Wende des 18. und 19. Jh. wurde die übriggebliebene Erde aus der aufgehobenen Stadtbefestigung in die Burg gebracht, womit alle Bauten im Westteil des Burggeländes einschließlich des Kuchelhauses (1809) zugeschüttet worden sind. Im Jahre 1895 ging die verkommene und verfallene Burg in den Besitz der Stadt über, unter der Bedingung, dass sie als Baudenkmal gepflegt werde, und dass hier keine weiteren Veränderungen durchgeführt werden sollten, die ihren historischen Charakter zerstören würden. Ebenfalls dürfe sie nicht zu Zwecken genützt werden, die dem Geist des Denkmals widersprächen. Später wurde der Burghof zu einer Parkanlage und im 20. Jh. diente er als Freilichtbühne für die Wallenstein-Festspiele, zwischen den Jahren 1953 und 1993 als Freilichtkino. 1993 wurde die Burg als historisches Stadteigentum restituiert und in den letzten Jahren sind hier große Restaurierungsarbeiten durchgeführt worden, die eine intensive archäologische Forschung begleitet.

(Šebesta 1998)
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