SEHENSWÜRDIGKEITEN KIRCHEN UND KLÖSTER DIE EVANGELISCHE FRIEDENSKIRCHE
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Die Evangelische Friedenskirche

Für die Öffentlichkeit zugänglich (nach Öffnungszeiten)
Die evangelische Gemeinde war in Eger seit 1862 tätig. Die Kirche wurde mit Hilfe von Kollekten, besonders aus Sachsen, Brandenburg und Bayern, gebaut und im Jahre 1871 eingeweiht. Vorher aber wurde aber das Pfarr- und Schulhaus gebaut.

(RS)
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26. DUBNA 2063, 350 02 CHEB

Historische Texte

CN201/8-3Prökl 1877

Die Franziskaner, 1209 von dem frommen Kaufmannssohne Franz Bernadon zu Assisi gestiftet und zum Beweise der Demuth von Stifter „minderer Brüder“ Minoriten bezeichnet, schon 1233 von König Wenzl´s I. Schwester Agnes in Prag eingeführt, kamen während des Kaiser-Interregnums aber noch vor böhmischen Occupation der Reichsstadt Eger hieher; sie zogen bald auch den weiblichen Zweig des Franziskanerordens, die Minorissen, nach. Das Minoritenkloster und ihre Kirche haben im Jahre 1260 zwei Egerische Adelige, Honigar von Seeberg und Hecht auf Pograth erbaut. Nach der Feuersbrunst 1270, wodurch auch dieses Kloster mit der Kirche in Rauch aufging und fünf Mönche dabei verbrannten, ließen dieselben abermals Kloster und Kirche neu herstellen. Jene neue Kirche (Mariaverkündigung) erhielt im Jahre 1285 am 26. November vom Regensburger Bischofe Heinrich, in Gegenwart des Kaisers Rudolf I., seines Schwiegersohnes Königs Wenzl II., der Königin von Böhmen, der Herzogin von Österrreich, Sachsen, Markgräfin von Brandenburg, der 6 Bischöfe von Regensburg-Naumburg, Olmütz, Prag, Merseburg und Passau, des Herzogs von Bayern, Burggrafen von Nürnberg und einer großen Anzahl Grafen, Baronen, Rittern und Frauen die Weihe, und das Kirchweihfest am Sonntage nach dem Frohnleichnamsfeste bestimmt, von welchem Tage angefangen die Stadt Eger vom Kaiser Rudolf I. einen achttägigen Jahrmarkt halten zu dürfen, das Diplom erhielt. Die lateinische Beschreibung dieser Einweihung findet sich auf einer in der Kirche aufgehängten länglichen Tafel, deren Echtheit durch die Chroniken sich bestätiget. Dieselben Stifter erbauten auch 1288 das Kloster des wieblichen Zweiges der Franziskanerinnen-Minorissen St. Clara mit einer eigenen kleinen Kirche wieder auf. Das Hauptportal mit dem Eingang in die Kirche bestand ursprünglich an der Westseite von der Fleischgasse zugängig; es ist davon noch der obere Theil der Facade sichtbar, das Übrige aber mit dem Baue des Nonnenklosters 1712 verschwunden. Durch eine vergitterte Öffnung, die mit einem großen Bilde verhängt, konnten die Nonnen Predigen hören und dort der Meßandacht beiwohnen. Die Zeit der Übersetzung des Klostereingangs an die Südseite ist nicht bekannt; doch läßt sich fast mit Gewißheit sagen, daß durch den zweiten Neubau und die veränderte Stellung des Kirchenschiffs der Eingang von dem gegenwärtigen Vorplatze des Klosters seinen Platz erhielt. Beim nördlichen Eingange in das Kloster von der Fleischgasse aus bestand für arme, betagte Leute die sogenannte Firmerei, welche gegen ein gewisses Leibgeding von den Minoriten Früh und Abends Speise und Trank erhielten. Ein Buchhaus, genannt „Liberye“, ließ Elsbeth von Schönbach nahe der Kirche erbauen, wofür der Guardian Conrad mit dem Convent sich verpflichtete, jährlich Vigilien und Seelemessen zu halten (urk. 14. April 1374). Im Jahre 1397 hielt hier der Provinzialmeister der Franziskaner-Minoriten aus der sächsischen Provinz des heiligen Kreuzes, Johann von Gmünd, ein Provinzialkapitel; diesem unterstand die Niederlassung zu Eger. Als die Klosterleute ein ärgerliches und anstößiges Leben zu führen anfingen, erhielt dieses Kloster gleicheitig mit dem Nonnekloster strenge Satzungen und eine Reformation im Jahre 1465 auf die (1463) nach Rom gerichtete Klage des Senats und der Ritterschaft auf Anordnung des Papstes Pius II. (Aeneas Sylvius). Alle Mönche aber ergriffen den Wanderstab, bis auf einen, der lahm und blind war. Das Kloster besetzte man hierauf mit Franziskanern von der strengen Observanz (Observanten) und inkorporirte es der sächsischen Provinz des heiligen Kreuzes. Die Getreidezinse, die ihre Vorgänger aus dem Dorfe Schlada erhielten und andere Renten, welche diese Bettelmönche und Barfüßler wider ihre zur Armuth verpflichtende Ordenssatzung sich verschafften, erhielten die Clarissernonnen gegen gewisse Abgaben an das Franziskanerkloster. Dasselbe hatte nun alles zum Bierbrauen erforderliche Holz geliefert, die Kirchen- und Sakristeiwäsche gereinigt, 6 Kahr Gerste, 2 Kahr Korn, 6 Schock Lichter abgegeben, zehnmal jährlich das Convent gespeiset, das nothwendige Brot unentgeltlich gebacken und nach Bedarf Milch in das Kloster abgegeben. Bald traf die neuen Klosterbewohner die Beschuldigung und eine Klage bei dem päpstlichen legaten Rudolf, Bischof von Levant, später von Breslau, Namentlich zwei derselben aus dem Edelgeschlechte der Wirsperge, daß sie der husittischen Lehre zugethan seien; sie rechtfertigten sich jedoch vor dem Augsburger Bischofe und erlangten vom Legaten (Breslau, 20. August 1466) eine Unschuldserklärung. Später aber fanden Luther´s Lehrsätze in diesem Kloster Eingang. Fortunatus Hüber schreibt, daß über etliche Jahre nach 1544 auf dem Franziskanerkapitel zu Halberstadt die traurige Nachricht eingelaufen sei, daß das Franziskanerkloster zu Eger von der lutherischen Glaubensneuerung sei verleitet worden. Sergius Friedrich setzte das Jahr 1550 als das jahr dieses Verfalls an, diesem stimmt Archivar Michael Schlecht insoweit bei, daß die Franziskaner zur Zeit des Lutherthums viel haben leiden müssen, folglich konnte geschehen sein, daß sie den Convent im Jahre 1555 selbst verließen. Zur neuen Lehre traten Franziskanermönche über, namentlich: Johann Fritschhans, wurde Pfarrer in Magdeburg, Franz Limberg kam als Pfarrer nach Oberlohma 1565, dann als Kaplan in Frauenreut. Salomn Gruber will, daß das Kloster 40 Jahre leer gestanden, ohne daß es die Glaubensgegner in Besitz genommen, weil dasselbe keine Stiftungen besaß, wovon ihre Prediger hätten leben können. Ganz verlassen war jedoch das Kloster niemals, wenn man das Jahr 1555 annimmt, wo sie auswanderten; bis zum Jahre 1603, also 48 Jahre, würde das Kloster leer gestanden sein. Dieser Annahme aber widersprechen: 1. die Klagschrift David´s, Bischofs von Regensburg, an Kaiser Maximilian II., beide vom Jahre 1572: „die Klosterleute, so noch in den 4 Klöstern zu Eger sind, sicher, ungehindert ihres Gottesdienstes bei Vermeidung ernster Strafe ausüben zu laßen“; 2. die Übersetzung des Taufsteins 1575 von den Dominikanern zu den Franziskanern; 3. das Schreiben Simon Strobel´s, Offizials zu Regensburg, von 17. Jänner 1588, „daß man die Canones Concilii Tritendini contra clantestina Matrimonia in der Barfüßlerkirche oder wo es sonst unserer Religion ist, publicire;“ 4. das Manuale Baier´s, eines gleichzeitigen Skribenten berichtet: “ Bruder Hanns gar ein gelehrter Mönch ist im Jahre 1582 im obersten Kloster begraben worden; den 3. August im Jahre 1583 ist in Gott verschieden Ludolph Hülber, Guardian im obern Kloster, Oberster sowohl über das Franziskaner- als Nonnenkloster;“ im Jahre 1591 den 21. Oktober sind im obern Kloster drei Mönche eingeweiht worden, davon aber der Guardian schon 1592 seine Entlassung erhielt, der zweite sich beurlaubte und der dritte, Thomas Schieferdecker zur Lehre Luther´s überging. Dieses Kloster mochte also höchstens 11 Jahre, von 1592-1603, öde gelegen sein, weil urkundlich während der protestantischer Zeit wieder 1603 Springer und nach ihm 1607 Anton Chelin, 1613 Christ. Beer, 1616 Leonh. Bölkh, 1622 Phil. Stammer, 1626 Elisäus Sartorius als Guardian erschienen. Der Generalmeister der Franziskaner, Franciscus de Sofa, nahm 1608 den Egerischen Convent aus Vergünstigung Kaiser Rudolf´s II. wieder in Besitz, nachdem derselbe, weil die sächsische Provinz nach der 1604 erfolgten Vertreibung der Ordensbrüder fast gänzlich eingegangen, 1607 der Straßburger fränkisch-elsasseschen Proviz einverleibt worden war. Sonst ernährte dieses Kloster über 40 und im Jahre 1608 sogar 95 Priester. Nach 1628 wieder eingeführtem Katholizismus administrirten die Franziskaner die Pfründen in St.Jodokkirche und die Karnerkirche. Der Franziskaner Guardian Sartorius Elisacus war nebst den Jesuiten sehr eifrig im Wiederbekehren der Bürger Eger´s. Im hiesigen Kloster bestand bald das Noviziat, bald der philosophische, bald der theologische Cursus. 1792 befanden sich allda 14 Priester und 4 Laienbrüder, gegenwärtig 1 Guardian, 5 Ordenspriester und 3 Laien. 1689 weihte Albrecht Ernst Graf von Warttemberg, Weihbischof von Regensburg, den Hochaltar der schmerzhaften Mutter Gottes, den die Frau von Schöneich im Jahre 1676 hat errichten lassen. Sebastian Kaiser, Architekt, hat den Altar gabaut und David Angermann das Altarblatt gemalt (beide Egerer), ferner weihte gleichzeitig dieser Bischof den Altar der hl. Anna und jenes des hl. Sebastian; 1707 verschwand ein baufälliger Theil des Klosters. Kirche und Kloster blieb in gegenwärtiger Form und Größe erhalten. Nach dem Jahre 1733 erhielt die Kirche Ausbesserung, Auszierung und neue Beichtstühle, ganz neue Kreuzstationenbilder, Erneuerung der Altäre, endlich unter dem Guardian Conrad Kachler 1828 den Musikchor. Dieser stand sonst rückwärts des hochaltars auf entgegengesetzter Seite. Im Jahre 1668 und wieder 1839 schlug der Blitz in den Thurm, ohne jedoch zu zünden. Zu der französischen Brandschatzung, welche 1742 der Marschall v. Broglio der Stadt mit 100.000 fl. auferlegte, mußte das Kloster 500 fl. beitragen. ) Obgleich die Egerer Edelgeschlechter ihre Familiengrüfte in der eigentlichen Stadtpfarrkirche St. Niklas von Altersher besaßen, so kamen doch auch einzelne Bestattungen bei den Franziskanern vor; so wurde dort 1521 Johann Juncher von Oberkunreut und in derselben Gruft später seine Schwiegertochter Barbara, geb. Crahmer von Pograth, beigesetzt, und noch 1626 Sidonia, geb. von Fels, Gattin des Feldmarschalls und Ritters des goldenen Vließes, Georg Ernst Grafen Schlick, eine Stammmuter des jetzt noch blühenden Zweiges der Schlicken, Freiherr Heinrich Pißnitz, der letzte seines Stammes hier mit Schwert und Helm begraben, und noch viel Andere. Alle Franziskanerpriester hatten ihre Ruhestätte in den Kreuzgängen wo dort noch viele Grabsteine mit Inschriften vorfindig sind. Das Franziskanerkloster gehörte bis zum Jahre 1781 zur oberdeutschen (Straßburger) Provinz, wurde aber auf Befehl Kaiser Josef II. am 23. April 1782 der böhmischen Provinz einverleibt. 1785 sind Verhandlungen geschehen und es sollte das Franziskanerkloster in Eger in Folge Hofdekrets vom 24. September 1785 aufgehoben, die Mönche in andere Klöster vertheilt und die Gebäude für das Militär verwendet werden, sowie die Karmeliter in Chisch, die Serviten in Rabenstein und die Kapuziner in Maria-Sorg gleiches Loos theilten. Auf die Bitte des Egerer Magistrates, der Bürgerschaft und Verwendung des Bischofs von Regensburg bewilligte endlich Se. Majestät (16. April 1787), daß die Franziskaner fernerhin in Eger verbleiben durften. Die Klosterkirche, obwohl außen rings verbaut, ist eine der schönsten Hallenkirchen mit gleich hohen Schiffen, welche sich aus dem 13. Jahrhundert erhalten haben. Im Lichten 150 Fuß lang, haben Schiff und Chor dieselbe Länge von 75 Fuß, die ganze Breite 65 Fuß, Chor und Mittelschiff 26 1/2 Fuß, das rechte Seitenschiff 17, das linke aus örtlicher Nothwendigkeit nur 14 Fuß, 2 Reihen von je 3 freistehenden kreuzförmigen Pfeilern scheiden die Schiffe. Der kräftige Thurm ist massiv von Stein. An die Kirche lehnt sich ein wohlerhaltener, spitzbogiger Kreuzgang von sehr sorgfältiger Ausdehnung. Die Kirche ist mit Töpfen (inwendig hohle Mauerziegeln) gewölbt. Merkwürdigkeiten bewahrt das Kloster: eine Bibliothek mit mehreren Inkunabeln, ein Muttergottesbild, ein altes italienisches Skulpturwerk aus der alten Pisaner Schule, welches angeblich ein nicht bekannter König von Sizilien im Jahre 1381 dem Kloster zum Geschenk machte, auch mehrere werthvolle Altargemälde älterer berühmter Egerer Meister. Vor Alters war das Franziskanerkloster auch ein Freihaus, das ist, wenn sich Verbrecher dorthin geflüchtet hatten, durften sie erst nach 14 Tagen an das Gericht ausgeliefert werden; geächtete Personen oder jene, denen die Stadt verboten war, fanden jedoch daselbst keine Aufnahme. Das Franziskanerkloster bezog nebst den Naturalien vom Steinhause in Folge Hofdekretes vom 30. September 1783, statt den frühern Bezügen an Geld und Getreide vom Stifte St. Clara jährlich 522 fl. 30 kr. W.W. und für die 115 Stiftsmessen in St. Jodok 124 fl. W.W., ferner hatten verschiedene Gutthäter ansehnliche Stiftungen für das Franziskanerkloster errichtet, ungeachtet viele Stiftungen bei der Reformation des Klosters (1465) und auch jene verschwand, welche Katharina Dreißmartin im Jahre 1423 errichtet und demselben ihren Sackzins pr. 6 Kahr Korn und 6 Kahr Hafer von zwei Bauern in Rossenreut übergeben hatte. Alle diese Getreide- und Geldzinse haben seit der Grundentlastung aufgehört und das Kloster erhielt hiefür Grundablösungs-Obligationen. Im Klosterbräuhause wird das zum Klostertisch nöthige Bier erzeugt. Dasselbe ist gegenwärtig verpachtet und der Convent trägt gleiche Lasten wie andere Bierbräuende in Eger. Die Messenstiftungen der P.P. Franziskaner haben 7778 fl. 85 kr. Capital, davon sie jährlich 322 fl. 6 kr. Zinsen beziehen, nebstdem ihnen auch die Stiftsbezüge der St. Jodokkirche zugewiesen sind. 1) 1) Guardian waren: 1683 Hylber Ludolph, 1603 Springer, 1607 Chelinus Anton, 1613 Beer Christoph, 1616 Bölkh Leonhart, 1622 Stammer Philipp, 1626 Sartorius Elisäus, 1629 Melinus Anton, 1634 Willibald Bonaventura, 1635 Eberhard Everardus, 1639 Reiff Ferdinand, 1642 König Sigmund, 1647 Maier Hyacinthus, 1650 Dietsch Georg, 1652-1655 Peßler Dominik, 1653 Roßhirt Martin, 1658-1663, 1668 Epenauer Benedikt, 1660 Riegl Pankraz, 1666 Graf Donatus, 1671 Schwan Melchior, 1674 Scheffer Bruno, 1677 Brand Isidor, 1680, 1686 Riegl Pankraz, 1683, 1692 Mueß Mauritz, 1695 Hildenberger Jakob, 1698 Ensenmaier Wilhelm, 1700 Kapp Appolonian, 1702 Bauer Angelius, 1705 Denger Theodorik, 1708 Höß Sebastian, 1711 Braun Ambroß, 1714 Angermann Albert, 1715 Dempf Fortunatus, 1717 Blassner Nazarius, 1718 Vogel Bratus, 1720 Vogel Hilarian, 1723 Kolb Eustachius, 1726 Steidle Viktorin, 1729 Figger Florian, 1732 Vogel Hilarian, 1736-1738 Buckel Angelius, 1736-1741 Gilmann Anicetus, 1742, 1748-1762 Zikler Konstanz, 1745 Schiker Ezechias, 1750, 1763, 1768 Pollack Mammertin, 1753-1765 Zembsch Amadeus, 1771 Lichtenauer Eutropius, 1774 Riedel Wolfgang, 1781 Löw Landelino, 1784 Jahn Michael, 1791 Kekstein Gothart, 1796, 1799 Sommer Prosper, 1803 Kalb Juniperius, 1806 Schmidt Ernst, 1812 Zeipert Maria, 1815 Apolinus Nikolaus, 1818 Mahl Paulus, 1821 Göbl Bonaventura, 1827 Kachler Konrad, 1830 Pawlik Zyprian, 1833 Franziscus Seraphinus, 1836 Diex Anton, 1839 Gebhart Ernst, 1851 Venanz Tischer, 1854 Richard Gürtler bis heute.

(Prökl 1877,602-608)
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CN201/8-5Sturm 1952

Die Barfüßer oder Minderen Brüder des heiligen Franz von Assissi waren nach den Deutschrittern der zweite Orden, der sich in Eger niederließ. Ihnen wurde im Südwesten der Stadt ein geräumiger Geländestreifen zugewiesen, auf dem sie sich ihre Kirche, ihr Kloster und den Garten anlegten. Damit war an dieser Stelle des bisherigen Siedlungsbereiches der Neustadt eine kleine Erweiterung und in späterer Folge eine Ausbuchtung der Stadtmauer in einem sanften Bogen vom Obertor zum Beginn des Geiersberges verbunden. 1247 wird der erste Egerer Quardian kundbar, 1256 weilte Bischof Albrecht von Regensburg bereits in dem fertiggestellten Kloster (in Egra in domo fratrum minorum). Eine Kirche ist in diesen ersten Jahrzehnten des Wirkens der Franziskaner in Eger auch bereits erbaut worden; nur ist über ihr Aussehen nichts überliefert, da der große Stadtbrand von 1270 den Bau einäscherte. Aber schon fünfzehn Jahre nachher war die Kirche, allerdings in veränderter Form, wieder aufgebaut. Bei dem Neubau benutzte man die Giebelwand der alten kleineren Kirche, wie dies heute noch erkennbar ist als vorläufigen und dann endgültigen Abschluß gegen Westen. Wie bei fast allen mittelalterlichen Kirchen in Eger war die Planung weit großzügiger als die tatsächliche Ausführung. Noch heute zeigt der Westgiebel nach außen die Ansätze neuer Pfeiler und die Strebepfeiler an den Seitenwänden stehen am Giebel zur Hälfte für den Ansatz weiterer Gewölbe einer geplanten dreischiffigen Hallenkirche vor. Außerdem ist das südliche Gewölbefeld von der Stadtmauer durchdrungen und das zur Ausführung gelangte Kirchenschiff zweifellos verkürtzt, so daß hier ein ursprünglich größerer Bau vermutet werden darf, der ein noch weiteres Hinausdrängen der Stadtmauer und damit eine abermalige Vergrößerung der Stadt an dieser Stelle zur Folge gehabt haben müßte. Der Haupteingang zu dieser Kirche, die dem Gedenken an Mariens Verkündigung geweiht war, lag ursprünglich und durch viele Jahrhunderte an der Westseite. Er wurde erst im Jahre 1707 vermauert, wodurch die Zugänge vom Franziskanerplatz aus benutzt werden mußten. An der westlichen Giebelwand ist noch heute der alte Zugang in die Kirche vom Arichvgarten aus erkennbar. An der Südseite des langgestreckten Chores lehnt sich ein bis zur Spitze aus Steinen gemauerter Turm an, der das gesamte Stadtbild in markanter Weise betont. Charakteristisch für die Franziskanerkirche ist auch das hohe steile Dach, das wie so vieles bei dieser Kirche an den Neubau nach 1270 erinnert. Die Einweihung der Kirche am 26. Jänner 1285 wurde vom Regensburger Bischof Heinrich unter Anwesenheit König Rudolfs von Habsburg und einer ansehnlichen Runde hoher geistlicher und weltlicher Würdenträger, die sich um diese Zeit zu einem Fürstentag in Eger eingefunden hatten, vorgenommen. Außer dem zuständigen Diözesan, dem Bischof von Regensburg, und Rudolf von Habsburg waren die Bischöfe von Naumburg, Merseburg, Patavia, Prag und Olmütz zugegen, dann der Herzog in Baiern mit seinem Sohn, der Markgraf von Brandenburg, der Herzog von Troppau und viele weitere Fürsten und Adelige des Reiches, die Königsgemahlin von Böhmen, die Herzoginnen von Österreich und Sachsen, die Markgräfin von Brandenburg und viele andere Damen. Zugleich mit der festlichen Kirchenweihe im großen Rahmen war die feierliche Belehnung des Markgrafen von Brandenburg verbunden. Seit dieser Zeit hat sich die Franziskanerkirche, abgesehen von einigen kleineren Zu- und Einbauten, im wesentlichen bis zur Gegenwart erhalten. Der Zugang von der inneren Stadt durch die Franziskanergasse, die der gotische Chor wirkungsvoll abschließt, ist erst im Spätmittelalter geschaffen worden, als zu dem Franziskanerkloster und dem sich anschließenden weitläufigen St. Klara-Stift die Kirche der Klarissinnen hinzukam. Die Innenansicht der Franziskanerkirche ist durch die Raumgestaltung als Hallenkirche bestimmt. Der Grundriß besteht aus einem durch zwei Reihen von je drei kreuzförmigen Pfeilern dreifach abgeteilten Schiff, dessen Mittelteil die Breite des langgezogenen Chores hat. Die dergestalt entstandenen beiden Seitenschiffe sind dabei nicht vollständig symmetrisch, da das rechtsseitige Seitenschiff gegenüber dem linksseitigen um ein Geringes breiter gebaut wurde. Diese Unregelmäßigkeit dürfte darauf zurückzuführen sein, daß entgegen der ursprünglichen Planung mit einem knapperen Raum gerechnet werden mußte. Trotz aller Beschränkung in der Raumgestaltung, die ein weit längeres Kirchenschiff vorsah, ist die Franziskanerkirche eine der schönsten frühgotischen Hallenkirchen im weiten Umkreis von Eger. Ob die nur mit Gesimsen bekrönten Pfeiler im Laufe der Jahrhunderte Veränderungen unterworfen waren, läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Das Presbyterium zeigt einige zierliche Wandsäulenkapitäle, die insofern eine besondere Erwähnung verdienen, als Pflanzenornamente an den mittelalterlichen Bauten Egers zu den Seltenheiten gehören. Die Innenausstattung der Kirche ist vor allem in der Barockzeit erheblich geändert und erneuert worden und wird damit von diesem Kunststil bestimmt.

(Sturm 1952,130)
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CN201/8-4Kunst 1992

Vom ersten spätromanischen Bau haben sich mit den Seitenwänden des gotischen Chores noch Teile der Grundmauern erhalten. Die gotische Sakristei entstand auf den Mauern des ersten Klosters. Dessen Westeingang glaubt man mit einem Spitzbogenportal an der nordöstlichen Stirnwand des heutigen Kirchenschiffes freigelegt zu haben. Als erster Bau nach dem Stadtbrand scheint die Sakristei nördlich des Chores in Verlängerung des alten Klostergebäudes erbaut und als Kirchenprovisorium verwendet worden zu sein. Sie ist ein längsrechteckiger, kreuzgratgewölbter Raum von zwei Jochen mit archaischen Bandrippen. Die breiten Gurtrippen sind bereits spitzbogig, das Eingangsportal im Westen, zum Kreuzgang gerichtet, noch rundbogig. Sie ist stilistisch der österreichischen Zisterzienserarchitektur von Zwettl und Heiligenkreuz verwandt. An Nord- und Südwand wurden kürzlich hochgotische Fresken freigelegt, u. a. eine Stadtlandschaft mit Erbärmdechristus darstellend. Der gotische Gebäudekomplex von Kloster und Kirche, abgesehen von einigen Anbauten, im wesentlichen erhalten. Momentan im Umbau zu einer neuen Nutzung als Stadtmuseum. Die Kirche ist eine kurze, dreischiffige Halle von nur vier Jochen mit tiefem Chor von drei Travéen und Fünfachtelschluß. Der Chor entspricht in Länge und Breite dem Mittelschiff der Halle. Das südliche Seitenschiff ist etwas breiter als das nördliche, sein westliches Joch von der Stadtmauer beschnitten. Die Halle ist durchgehend mit Kreuzgratgewölben auf sechs kreuzförmigen Pfeilern mit schlichten Profilgesimsen gewölbt. Das Gewölbe wurde möglicherweise 1828 renoviert. An den Wänden Blatt- und Kopfkonsolen einfachster Art. Die Fenster der Halle weitgehend ohne Maßwerk. Im Chor hohe, schmale Lanzettfenster mit Maßwerk, das von Osten nach Westen eine Entwicklung zu reiferen, nachklassischen Formen zeigt. In der polygonalen Apsis schlanke, bodenständige Lisenen mit pilzförmigen Blattkapitellen. An den Chorseitenwänden setzen die Lisenenbündel oberhalb der Sockelzone an und tragen meist schmucklose Kapitelle. An der Nordseite des Schiffes schließt eine doppelstöckige Kapelle von zwei Jochen mit zierlichem Gewölbe und drei hohen, geschoßübergreifenden Lanzettfenstern an. Sie scheint gleichzeitig mit der Halle erbaut zu sein, die Stockwerksteilung aber könnte später sein. Zwei große, spitzbogige Arkaden zum Schiff sind vermauert und im Obergeschoß durch zwei Segmentbögen geöffnet. Die Kapelle war vermutlich einst das Oratorium der Klarissinnen. Der untere Raum ist durch ein Sattelportal mit dem Kreuzgang verbunden. Der Zugang vom südöstlich angrenzenden Frauenkloster erfolgte vermutlich über die Westempore der Kirche. Dort wurde in der Südwand eine vermauerte Türöffnung gefunden. Im östlichen Anschluß an das südliche Seitenschiff eine Kapelle im Erdgeschoßraum desTurmes; Kreuzgewölbe mit Fresken aus dem Leben Christi zwischen Ranken, 2. H.18. Jh. Der Haupteingang der Kirche ursprünglich im Westen,1707 vermauert, dann nur noch zugänglich vom Franziskanerplatz. Der Außenbau sehr schlicht, mit schmucklosen Strebepfeilern, steilem Satteldach und hohen Lanzettfenstern. Auffallend der hohe Spitzturm im Winkel zwischen südlichem Seitenschiff und Presbyterium von 1330. Ganz aus Stein gemauert, ist er nach zwei leicht abgestuften Geschossen auf quadratischem Grundriß ins Achteck übergeführt. Dieser polygonale Aufbau zweistöckig mit Maßwerkfenstern im obersten Stockwerk; durch Steingesims mit Wasserspeiern vor dem Spitzhelm abgeschlossen. Bedetung: Nach Tepl und Iglau eine der ersten Hallenkirchen Böhmens; stilistisch der „premyslidischen Bauschule“ angehörig. Innenausstattung (Die mobile Ausstattung heute entfernt, vermutlich Teile im Depot gelagert.) Im Gewölbe reiche gotische Pflanzenornamentik, nach 1945 freigelegt, heute wieder stark beschädigt. Aus der Gotik ist eine verschollene Madonnenstatue aus der Pisaner Schule vor 1381 überliefert. Erhalten haben sich ein Gekreuzigter aus dem 3. Viertel des 15. Jh. (heute im Stadtmuseum Eger) und eine Madonna auf dem Halbmond vor 1500 (heute in der Nationalgalerie Prag, eine Kopie im Stadtmuseum), ebenso ein Epitaph an der nördlichen Chorwand von 1460. Bei der jüngsten Restaurierung fand sich im Fußboden unter dem Hauptaltar ein torsales Steinkruzifix aus nachmittelalterlicher Zeit, möglicherweise vom alten Hochaltar. Barockausstattung von 1733 (nach alten Beschreibungen rekonstruiert) Illusionistische Wandbemalung eines Barockaltares über dem Eingang zur Turmkapelle am östlichen Ende des südlichen Seitenschiffes – zwei Beichtstühle: Aufsätze mit locker verschlungenem Akanthus- und Bandlwerk – Kirchenbänke, zum Teil mit hochgezogenen Rückwänden vor den Säulen; Akanthusornamentik-Chorgestühl im selben Stil. Die Altäre sind bereits 1689 geweiht (lt. V Prökl), stilistisch aber Mitte 18. Jh.: Anna-Altar; Kreuzigungs-Altar (im Presbyterium), durchschnittliche Schnitzarbeit. Bemerkenswerte Rokokoaltäre in den Seitenschiffen: Barbara-Altar; Sebastians-Altar; Altar der Hl. Familie und der Hl. Dreifaltigkeit, Gemälde in großen, flachen Rahmen, begleitet von frei stehenden Skulpturen. – Herausragend der Altar der schmerzensreichen Muttergottes. Ehemaliger Hochaltar (heute Hallennordwand), 1676 von Frau von Schöneich gestiftet, 1689 geweiht: Schnitzer Sebastian Kaiser, Maler David Angermann. Bühnenaltar mit Säulenbaldachin, darin Pietá. Weitere Statuen an den Seiten und im Aufbau. Rocailleornamentik. – Kruzifix in der Sakristei auf einem rocailleverzierten Aufsatz. – Kanzel: Klassizistisch strenge Grundform, umspielt von Rokoko-Ornamentik und spielerischen Putti. Ausstattung des 19. Jh. (nicht erhalten) Musikchor im Westen – Hauptaltar – Kreuzigungs-Altar ( Hallennordwand) – Altar der Hl. Jungfrau von Lourdes (südlich des Triumphbogens) Kloster Im Kern noch Mitte 13. Jh., einige Teile des 14. Jh. gut erhalten. Barockumbauten aus dem 17. und 18. Jh. Besonders erwähnenswert der Kreuzgang, der-von Süden beidseitig nach Norden fortschreitend – zwischen 1310 und 1330 entstand. Vier mal acht Joche mit Kreuzgratgewölben auf profilierten Maßwerkkonsolen, deren Formen den Bauverlauf nachvollziehen lassen. Schlußsteine zum Teil mit Blattornamentik, zum Teil figürlich (Adler, Greif). In einigen Feldern Reste von Wandmalereien des 15. Jh.: Medaillons mit den Evangelistensymbolen in großflächigen, ornamentalen Ranken. Verspielte Maßwerkfenster zum Innenhof, 2. H. 14. Jh. Ursprüngliche Offnung der Ostwand zum ehemaligen Kapitelsaal, durch Arkadenfenster später vermauert. Die übrigen zwei- bzw. dreigeschossigen Klostertrakte um 1630. Erdgeschoßräume neben dem Kreuzgang tonnengewölbt (ursprüngliche Barockbemalung übertüncht). Das Klosteroratorium im Kern noch gotisch. Refektorium von 1374 wurde 1630 erneuert: Zweischiffiger Langraum mit Kreuzgratgewölbe auf archaischen Mittelsäulen (hier datiert).1920 zur Bibliothek umgebaut. Eine der wenigen noch vollständig erhaltenen Klosterbibliotheken Böhmens. 1. Stock: Ehemals ein Eckraum mit Mittelsäule, tonnengewölbt mit Lünetten (1630); Nebenraum tonnengewölbt mit stuckverzierten Lünetten (1. Viertel 18. Jh.). 2. Stock: Ehemals ein Raum mit Kassettendecke, bemalt mit Szenen aus dem Leben Jesu (vermutlich 17. Jh.) Seit den 1950er Jahren wurden die alten Räume in den Stockwerken durch den Einbau von Betonwänden zerstört. Der Klostergarten grenzt an die alte Stadtmauer und zieht sich bis zur Gschierstraße. Um 1930 wurde der „Mägdebrunnen“ des Bleeker-Schülers Oswald Hofmann dort aufgestellt. Nach 1945 gelangten die Denkmäler Kaiser Franz´, aus Franzensbad und Kaiser Josefs II. vom oberen Marktplatz hier zur Aufbewahrung.

(Kunst 1992,589-590)
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CN201/8-2Katalog 1994

Nach dem verheerenden Feuer wurde mit dem Wiederaufbau Egers unverzüglich begonnen und dadurch das Antlitz der Stadt gotisch geprägt, was in erster Linie die bereits 1285 neuerbaute Franziskanerkirche widerspiegelt. Neben der wuchtigen Burg und der repräsentativen Pfarrkirche erhob sie nun zierlich ihren schlanken Spitzhelm und ihren hochgeschossenen Chor in der Stadtsilhouette. Wie überall im Böhmen des frühen 14. Jahrhunderts ist nun auch hier eine Bettelordenskirche Trägerin des neuen gotischen Stils. Es ist nach Tepl (1232) eine der ersten Hallenkirchen in Böhmen, das im Unterschied zu Österreich verhältnismäßig langsam zum Hallenbau überging. Erst Mitte des 14. Jahrhunderts dringt auch hier die Hallenkirche als bürgerlicher Antitypus zur monarchischen Kathedrale von den Kolonisten- und Bergbaustädten in den Randgebieten her ein. Charakteristisch für diese Bettelordenskirchen ist das kurze, kastenförmige Langhaus mit dem langen, hohen Chor und die Vernachlässigung des ordensinternen Wölbungsverbotes. Die plattgeschlossenen Seitenschiffe, das fehlende Querhaus und die queroblongen Joche im Langhaus sind typische Merkmale der mitteleuropäischen Minoritenkirchen. Ein erster Bau von 1256 brannte 1270 nieder. 1285 wurde die neue Kirche von Bischof Heinrich von Regensburg geweiht. Sie hat sich mit Ausnahme einiger Zubauten bis heute erhalten. Charakteristisch ist der schlanke, hohe Südturm, dessen Grundriß nach oben aus dem Quadrat ins Achteck übergeführt ist, wie auch der schmale, lange Chorschluß mit schmucklosen Strebepfeilern und das spitze, hohe Dach. Es handelt sich um eine kurze, dreischiffige Hallenkirche von nur vier Jochen, mit langem Chor von Traveen und Fünfachtelschluß. Das südliche Gewölbefeld ist von der Stadtmauer durchdrungen, was darauf schließen läßt, daß eine ursprünglich größere Planung mit einer Erweiterung der Stadtmauer rechnete. Im nordöstlichen Anschluß wurde etwas später ein Kreuzgang auf unregelmäßigem Rechteck erbaut. Der Inneraum wird geprägt von einer expressiven Kargheit, durch die Reduktion der Bauglieder im Aufriß und vor allem durch die Knappheit der hohen, schlanken, einheitlichen Fenster. Die Innenausstattung wurde in den späteren Jahrhunderten und vor allem im Barock vielfach verändert, doch sprechen die zierlichen Wandsäulenkapitelle im Langchor mit ihrer zurückhaltenden Pflanzenornamentik noch deutlich die Sprache der früher Gotik. Kreuzgang des Franziskanerklosters. Im südwestlichen Anschluß an die Kirche befindet sich das Franziskanerkloster mit seinem gut erhaltenen hochgotischen Kreuzgang. Die entwickelten Maßwerkformen der Arkaden und die reichprofilierten Lisenen und Konsolen lassen eine spätere Bauzeit im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts annehmen. Bei Restaurierungsarbeiten im 20. Jahrhundert wurden im Gewölbe Fresken aufgedeckt, die reiche Pflanzenornamentik zeigen. Die Franziskaner ließen sich im Südwesten der Stadt nieder und machten mit ihrer großen Klosteranlage sogar eine Stadterweiterung notwendig (Mitte des 13. Jahrhunderts), ein Vorgang der in deutschen Städten häufig anzutreffen war. Als bürgerlicher Orden bildeten die Franziskaner hier am Stadtrand von Eger vor allem für die Unterschicht einen neuen baulichen Mittelpunkt.

(Katalog 1994,25-26)
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Boháč 1999

Franziskanerkirche und -kloster

Im südwestlichen Teil des historischen Stadtkerns läßt sich in der Zeit der Vollendung der St. Niklaskirche nach den Deutschherren ein zweiter Orden nieder – die Minoriten, Brüder des hl. Franziskus von Assisi. Im Jahre 1247 wird der erste Egerer Ordensvorsteher erwähnt, und im Jahre 1256 verweilt in dem schon erbauten Kloster der Regensburger Bischof. Obwohl wir die adeligen Gründer des Klosters, Honnigar aus Seeberg und Hecht aus Pograth kennen, über die romanische Gestalt der Kirche und des Klosters wissen wir nicht viel, weil bei dem großen Stadtbrand im Jahre 1270 beide Gebäude vernichtet wurden.

Entgegen der früheren Meinung, die die heutige Sakristei an der Nordseite für die ursprüngliche Kirche hielt, sprechen Ergebnisse der neuesten archäologischen Forschungen davon, daß sich die Fundamente der ersten Kirche im Ausmaß von 14 x 11 m unter dem Kirchenpresbyterium befinden, und daß auf den Fundamenten des ursprünglichen Klostergebäudes eine gotische Sakristei zwischen dem Chor und dem Kreuzgang erbaut war. Sie diente in der Zeit der Kirchenwiederherstellung zwischen 1270 und 1285 als eine provisorische Kapelle.

Fünfzehn Jahre nach der Vernichtung der ersten Gebäude wurde im Januar 1285 vom Regensburger Bischof in Gegenwart König Rudolfs von Habsburg und vieler hoher Kirchen- und Adelswürdenträger des Reichs, die zum Fürstentag in Eger zusammentrafen, eine neue Kirche mit dem Namen Maria Verkündigung eingeweiht. Aus dieser Zeit ist auch eine Bericht über die erste Hochzeit in dieser Kirche erhalten: am 30. Januar 1285 wurden hier, vier Tage nach der festlichen Einweihung der Kirche, der böhmische König Wenzel II. mit Rudolfs Tochter Gutta vermählt.

Die neue dreischiffige Halle mit nur vier Feldern und einem länglichen, geschlossenen Chor mit drei Feldern und einem fünfseitigen Abschluß erhielt sich mit Ausnahme einiger Nachbauten bis in die heutige Zeit. Die Egerer Minoritenkirche ist nach den Kirchen in Tepl und Iglau eine der ersten Hallenkirchen in Böhmen, ihre erhaltene Stileinheit reiht sie unter die bedeutsamen gotischen Bauten der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts ein.

Ein charakteristischer Zug dieses Baus ist, neben dem hohen, steilen Dach, der Steinturm, der aus einer Quadratgrundfläche über dem zweiten Stock in einen in zwei Obergeschoße unterteilten Achtkant übergeht. Der zwischen dem Schiff und der Südwand des Chores stehende Turm wurde um 1330 beendet. In Anbetracht der abgeschrägten südwestlichen Ecke, die an die Wand der inneren Stadtbefestigung stieß, kann man darauf schließen, daß der ursprüngliche Bauplan mit einem längeren Schiff und mit einer möglichen Erweiterung der Stadtverbauung an dieser Stelle rechnete.

Eine Merkwürdigkeit der Kirche ist die zweigeschossige Kapelle an der Nordseite des Schiffes. Drei hohe Fenster in der Westfront der Kapelle, erst später durch das aufgesetzte Gewölbe des Geschosses aufgeteilt, beweisen, daß sie gleichzeitig mit der Kirchenhalle erbaut wurden. Die Kapelle diente als Oratorium des Klarissinnenordens, der sich in naher Nachbarschaft des Franziskanerklosters ansiedelte und nach dem Brand im Jahre 1270 diese Kapelle benutzte, bis seine eigene Kirche in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Der selbständige, abgetrennte Eingang aus dem anschließenden Frauenkloster lag an der westlichen Empore der Kirche. Dort wurde in der Wand ein vermauerter Eingang entdeckt. In Eger finden wir also am Ende des 13. Jahrhunderts einen klaren Typus von Frauen- und Männerdoppelkloster.

Die Klostergebäude mit gut erhaltenem spätgotischen Kreuzgewölbe schließen sich an den Nordteil der Kirche an. Der Minoritenkreuzgang mit viermal acht Feldern, mit Kreuzgewölben auf profilierten Kragsteinen, schließt das Paradies. Die Maßwerke der Arkaden, reich profilierte Lisenen und Kragsteine lassen die Entstehung des Kreuzgangs in die Zeit der ersten Dekade des 14. Jahrhunderts datieren. Die zum Teil erhaltenen Fresken in den Gewölben mit floralen Ornamenten und Medaillons mit Evangelistensymbolen stammen aus dem 15. Jahrhundert.

Erst in der Barockzeit kommt es zu wesentlichen Baueingriffen und Neueinrichtungen des Klostergebäudes und der Kirche. Das ursprüngliche Klosterrefektorium aus dem Jahre 1347 wird umgebaut, und über dem Kreuzgang entsteht ein neuer zweigeschossiger Aufbau. Der ursprüngliche Zugang zur Kirche aus der Schanzstraße über den Klostergarten wird 1707 aufgelassen, durch Vermauerung des Kirchenhaupteingangs im Westteil wird die Kirche vom ursprünglich geschlossenen Franziskanerplatz aus zugänglich.

In dieser Zeit kommt es auch zu einer fast gänzlichen Abänderung der Kirchenausstattung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird auf der westlichen Empore eine Orgel aus dem Jahre 1754 installiert und vom Egerer Orgelbauer Ignaz Müller umgebaut. Der ursprüngliche Hochaltar aus dem Jahre 1676, ein Werk des Holzschnitzers Sebastian Kaiser und des Malers David Angermann, wird an die Nordwand des Kirchenschiffes versetzt und durch einen neugotischen Altar ersetzt. Das ganze Kircheninterieur, einschließlich vier sehenswerter Rokokoaltäre in den Seitenschiffen, blieb bis in die 1970er Jahre unbeschädigt.

Eine überaus unverantwortliche Verwaltung, Diebstähle und eigenwillige Verwüstung der Einrichtung bedingten, daß im Jahre 1986, als Egerer Museum in das Kloster übersiedelte, für die Museumssammlungen nur winzige Reste des ursprünglichen Mobiliars der Kirche gerettet werden konnten. Das Einzige, das von der Klosterausstattung bis heute überlebte, ist die Klosterbibliothek.

Zusammenfassung der Daten:

1247 - Quadrian Eberhard zum ersten Mal urkundlich erwähnt
1256 - Klostergebäude und wahrscheinlich auch Kirche vollendet
1270 - Kloster und Kirche von einem Brand vernichtet
1285 - neue Kirche eingeweiht
1286 - 1300 Bau vollendet
1310 - 1374 Kreuzgang erbaut
1330 - Turm erbaut
1374 - Refektorium vollendet
1630 - Umbau des Klosters in Angriff genommen
1689 - neue Altäre eingeweiht
1707 - Eingang im westlichen Teil versperrt
1707 - 1733 Barockisierung des Kircheninterieurs
1828 - Restaurierungsarbeiten im Kircheninneren
1855 - Wiederherstellung der Orgel
1920 - Refektorium in eine Bibliothek umgewandelt
1951 - Kloster geschlossen, Mönche vertrieben
1970 - 1986 Verwüstung und Vernichtung des Interieurs der Kirche
1987 - 1988 archäologische Grabungen im Kirchenraum
1991 - Kirche und Kloster der Kirche zurückgegeben

(Boháč 1999,56-59)
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