Siegl 1911
Zur Geschichte des Egerer Krankenhauses
Die Nachrichten über den Bestand einer Krankenanstalt in Eger reichen bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück.
Nach einer im bayrischen Reichsarchive zu München befindlichen Urkunde vom 16. November 1256 überläßt Bischof Albrecht von Regensburg dem von den Deutschordensherren errichteten Hospitale der sel. Jungfrau in Eger mehrere Zehente, welche Urkunde, nebenbei erwähnt, in dem damals schon bestehenden Kloster der Minoriten, heute Franziskaner, in Eger ausgefertigt wurde.
Ob dieses Hospital nur zur Aufnahme von erkrankten Ordensbrüdern oder auch für weltliche Leute bestimmt war ist nicht bekannt.
Kurz vor oder nach dem großen Brande, von dem die Stadt Eger am 16. April 1270 heimgesucht worden war, baute auch der Rat ein eigenes Armenspital, und zwar am Fuße der Brucktorbrücke und übetrug die Besorgung desselben einigen geistlichen Brüdern, die sich daneben eine Kirche zum hl. Geist erbauten. Auf Anregung König Ottokars II. überließ jedoch der Rat als Erbauer und Patronatsherr dieses Spital kurz nach dem erwähnten Brande den Kreuzherren mit dem roten Sterne in Prag und die vorgenannten geistlichen Brüder, die bisher keinem Orden zugehörten, traten mit ihrem Vorsteher Großwein jenen Kreuzherren bei. Mit Zustimmung des Egerer Deutschordens-Komturs Hermann genehmigte dann auch Bischof Leo von Regensburg nach einer alten im Archive befindlichen Urkunden-Kopie vom 14. September 1271 die Vereinigung des Kirchleins und Spitals, des heutigen Bartholomäistifts, in Eger mit dem Prager Hause und soll dann König Ottokar II. zwei Jahre später, im Jahre 1273, nach einem nicht mehr vorhandenen Briefe dem Egerer Kreuzherren zur besseren Unterhaltung ihres Armenspitals den sogenannten Johannisberg, heute Spielhof- oder Spittelhofberg, nebst mehreren Waldungen, Wiesen und Ackern lehensweise überlassen haben.
Dieses uralte Stift, in welchem sowohl Kranke als auch erwerbsunfähige alte Leute Aufnahme fanden, scheint neben dem Hospitale der Deutschherren bis zum Ausgange des 14. Jahrhunderts das einzige Spital in Eger gewesen zu sein.
In einem im Archive befindlichen Einschreibebuche vom Jahre 1394 ist auch von einem Spital der armen Kinder die Rede, denn ein Unbekannter verbucht darin fortlaufend die Einnahmen „für die armen Kinder im spytal“. Aber es ist aus diesen Eintragungen nicht ersichtlich, ob diese „armen Kinder“ in dem genannten Stifte sich befanden, oder ob dieses Spital eine eigene Anstalt war.
Sicher dagegen ist, daß um die Wende dieses Jahrhunderts schon ein städtisches Spital, das Seelhaus genannt, vor dem Brucktor existierte, den in zahlreichen Testamenten von 1406 ab finden sich Widmungen, die für das Seelhaus vor dem Brucktor, in welchem Kranke verpflegt wurden, bestimmt waren. Aus einem Originalreverse vom 19. August 1441, laut welchem sich Kunz Wüster dem Rat gegenüber verpflichtet, diesem Seelhaus getreu und fleißig vorzustehen, geht auch hervor, daß dieses Haus Eigentum der Stadt war.
Noch im Jahre 1525 wurde dieses Seelhaus als Krankenhaus benützt. Erst im Jahre 1545 wurde es von der Stadt verkauft, nachdem sie fünf Jahre zuvor, im Jahre 1540, ein Seelhaus in der Stadt selbst, und zwar „hinter den Schulen“ (dem heutigen Gymnasialgebäude) erbaut hatte.
Hier „hinter den Schulen“, bestand nämlich schon im 15. Jahrhundert gleichfalls ein Seelhaus, das von Ordensschwestern, den sogenannten „Regelschwestern“, eingerichtet und verwaltet wurde. Als diese Regelschwestern im Jahre 1488 aus, von dem Chronisten Hans Schönstetter nicht angegebenen Gründen ihr Seelhaus anzündeten und aus der Stadt flüchteten, nahm der Rat die Brandstätte, die viele Jahre öde lag, in Besitz und erbaute darauf ein neues Krankenhaus Lazareth genannt, das im Jahre 1545 durch Ankauf der Pottendörferischen Brandstättte eine weitere Vergrößerung erfuhr.
Dieses Krankenhaus, welches nach den Ausgabsbüchern im Jahre 1704 abermals abbrannte und im Jahre 1705 neu aufgebaut wurde, bestand nur aus einem niedrigen Parterregeschoß mit zwei Krankenzimmern nebst einem Zimmer und einer Küche für den Spitalswärter und verblieb in diesem Zustande bis in die dreißiger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts.
Da aber das Bedürfnis eines größeren und besser eingerichteten Krankenhauses namentlich zu Beginn des letztgenannten Jahrhunderts immer fühlbarer wurde, brachte der Egerer Bürgermeister Vinzenz Toßauer im Jahre 1816 den Bau eines neuen Krankenhauses in Anregung mit dem weiteren Vorschlage, daß zur Deckung der Auslagen die vom Aerar seit dem Jahre 1813 bezahlten Schlafkreuzer verwendet werden sollen. Mit diesem Projekte waren die zu einer besonderen Sitzung einberufenen Vertreter der Bürger- und Bauernschaft sofort einverstanden, meinten aber, daß man bis zum Bau noch einige Jahre warten solle, bis der zum Krankenhausbaufond bestimmte Schlafkreuzerfond eine dem Zwecke entsprechende Höhe erlangt haben würde. Das geschah denn auch und bis zum Jahre 1836 hatte der Baufond eine Höhe von 10 402 fl. 10 kr. C.-M. erreicht.
In der Zwischenzeit wurden aber auch bereits zahlreiche Verhandlungen wegen des Bauplatzes gepflogen und nach vielen Kommissionen einigte man sich endlich dahin, daß das neue Krankenhaus im städtischen Bauholzzwinger vor dem Schifftor errichtet werden soll.
Noch im Sommer des Jahres 1836 wurde mit dem Bau des neuen Krankenhauses begonnen und am 18. Juli dieses Jahres der Grundstein, in dem auch eine Denkschrift hinterlegt wurde, in der Mitte der Südfront versenkt. Der Bau, welcher von einem von der Bürgerschaft gewählten Ausschusse in eigener Regie geleitet wurde, ward im Jahre 1839 beendet und erforderte einen Kostenaufwand von 14 300 fl. 10 kr. C.-M. Hiezu wurde der erwähnte Schlafkreuzerfond verwendet und der Rest durch Sammlungen und Beiträge – der Kammerfelderfond allein steuerte 2500 fl. C.-M. bei – gedeckt. Das nötige Bauholz wurde von der Stadt unentgeltlich beigestellt.
Vom Jahre 1840 an wurden nun sämtliche Auslagen für das Krankenhaus aus den Gemeinderenten bestritten.
Man war aber darauf bedacht, auch für die Erhaltung des Hauses einen eigenen Fond aufzubringen. Die eingeleiteten Bemühungen hatten auch Erfolg und durch Sammlungen, namhafte Beiträge der Zünfte und letztwillige Zuwendungen hatte dieser Fond mit Ende des Jahres 1844, ausschließlich der vorhandenen Barschaft und der Außenstände, bereits eine Höhe von 6395 fl. erreicht und die Stadt hatte nunmehr noch für die Verpflegskosten und das Brennmaterial aufzukommen.
Der Stadtgemeinde war aber daran gelegen, auch von diesen Auslagen befreit zu werden, zumal auch viele auswärtige Kranke Aufnahme fanden und die Summe der Verpflegskosten für diese bedeutend höher, als die für Einheimische war, und stellte daher laut Protokoll vom 30. Dez. 1844 hohen Orts den Antrag, daß das neue Krankenhaus selbst und unabhängig von Stadtrenten aus dem eigenen Fonde erhalten, und daß auch die Hälfte der Besoldung der zwei Physikatsärzte und des Stadtwundarztes aus diesem Fonde gedeckt werden möge.
Diese Anträge wurden auch von der Landesstelle mit Dekret vom 19. Juni 1845, Z. 16 104, genehmigt und mit der Gubernialverordnung vom 2. Dezember 1847, Z. 71 452, wurden dann auch die Verpflegstaxen für Einheimische und Fremde festgesetzt.
Aber erst mit dem Statthaltereierlasse vom 26. April 1857, Z. 17 509, wurde das Egerer Krankenhaus auf Grund der über seine Einrichtung und Verwaltung gelieferten Nachweisungen als eigentliche allgemeine Krankenheilanstalt erklärt und dieser im Sinne der Ministerialverordnungen vom 6. März 1855, Z. 6382 und 4. Dezember 1856, Z. 26 641, „die Begünstigung des Erlasses jene Verpflegskosten aus dem Landesfonde zugesprochen, welche dieselben Anstalten nach Maßgabe ihrer Stiftungen für die darin aufgenommenen Kranken anzusprechen berechtigt sind, und welche weder von den Verpflegten selbst, noch auch von anderen zufolge allgemeiner oder spezieller Vorschriften, besonderer Verträge, Stiftungsverbindlichkeiten u. dgl. zunächst ersatzpflichtigen, physischen oder moralischen Personen hereingebracht werden können.“ Mit demselben Statthaltereierlasse wurde auch verfügt, daß das Egerer allgemeine Krankenhaus der Ueberwachung des Egerer Bezirksamtes zur unterstehen habe.
Mit dem Erlasse des Egerer Bezirksamtes vom 28. Juni, Z. 4795, wurden dann noch gewisse Bestimmungen für die Berechnung der Verpflegstaxen festgesetzt und nach einem weiteren Erlasse desselben Amtes vom 12. September 1859, Z. 8541, wurde der Stadtgemeinde des Recht eingeräumt, den Erlaß der Verpflegskosten auch für einheimische unbemittelte Kranke, sofern diese Kosten gänzlich uneinbringlich sind, aus dem Landesfonde zu beanspruchen.
Eine Erweiterung erfuhr dann das allgemeine Krankenhaus im Jahre 1881 durch Ankauf der an das Krankenhaus anstoßenden Realität Nr. 519, des sogen. Schäckenturms, welcher für mit infektiösen Krankheiten behaftete Kranke eingerichtet und im Jahre 1882 der Benützung übergeben wurde.
Das Eigentumsrecht auf das eigentliche Krankenhaus bestehend aus der Bauparzelle Nr. 172, Haus Nr. 532 und den Grundparzellen K. Z. 37 und 38/2 ist auf Grund der Schätzungsurkunde des k. k. Kreisgerichtes Eger vom 13. September 1871, Z. 4517, Grundbuchseinlage Z. 21522, unterm 7. Oktober 1871, Z. 5085 einverleibt, desgleichen auch das Eigentumsrecht auf die Bauparzelle K.Z. 600, Haus 519 (Schäckenturm) und zwar in der Grundbuchseinlage Z. 21519 auf Grund der Kaufsurkunde vom 6. Dezember 1881 mit Bescheid vom 12. Dezember 1881, Z. 11531.
Das allgemeine Krankenhaus vor dem Schifftor erwies sich aber in den letzten Dezennien als unzulänglich und bezüglich der Lage und Einrichtung auch den modernen hygienischen Anforderungen nicht mehr entsprechend.
Es wurden daher in den letzten Jahren von Seite der Bezirksvertretung und der Stadtgemeinde Eger mit den Staats- und Landesbehörden wiederholt Verhandlungen wegen Erbauung eines neuen Krankenhauses gepflogen; aber alle Bemühungen, von Seite des Staates oder des Landes eine Subvention zu erlangen, blieben erfolglos und Stadt und Bezirk Eger sahen sich unter Mithilfe der Egerer Sparkasse schließlich genötigt, die Erbauung eines neuen Krankenhauses selbst in Angriff zu nehmen.
(Siegl 1911,132-4)